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Holz-Tusche | KonstruktionsHilfen 2023

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B • 8 Funktionen: Tragwerk & Bauphysik • Schallschutz<br />

B<br />

Funktionen: Tragwerk & Bauphysik<br />

8 Schallschutz<br />

a<br />

Hintergrund<br />

Der Schallschutz ist für die am Bau Beteiligten im Vergleich<br />

zu anderen Planungsthemen eine unangenehme Planungsdisziplin:<br />

• Bei Tragwerksplanung, Wärme- und Feuchteschutz gibt<br />

es verbreitetes Wissen, eindeutige Planungsgrundlagen<br />

und dazu viel Übung in der Umsetzung.<br />

• Beim Brandschutz lässt sich dies mit Einschränkung<br />

ebenfalls konstatieren.<br />

• Beim Schallschutz und der Bauakustik ist es anders, das<br />

Wissen ist bei weiten Teilen der Bauschaffenden rudimentär,<br />

die Aufmerksamkeit eher nachgeordnet.<br />

Kennwerte und Rechenverfahren des Schallschutzes unterscheiden<br />

sich krass von den gewohnten mathematischen<br />

Lösungswegen anderer genannter Planungsdisziplinen. Ein<br />

Terrain quasi ohne Ortskenntnisse und ohne Navigation.<br />

Selbst eine sorgfältige planerische Vorhersage (Rechnerischer<br />

Nachweis des Schallschutzes) kann keinesfalls genau<br />

sein, sondern erreicht bestenfalls eine näherungsweise Ermittlung.<br />

Dabei birgt der Schallschutz große Unwägbarkeiten:<br />

• Zu betrachten ist nicht ein isoliertes Bauteil sondern der<br />

komplexe Baukörper im realen Zustand.<br />

→ Nebenwege über die flankierenden Bauteile.<br />

• Die Anforderungen sind selten exakt formuliert.<br />

→ Gleichzeitig existieren unterschiedliche Maßgaben<br />

und Richtlinien im Wohnungsbau (DIN, VDI, DEGA).<br />

• Die Kennwerte von eingesetzten Bauteilsystemen müssen<br />

ins Verhältnis zur Einbausituation gesetzt werden.<br />

→ Rechnerischer Nachweis nach DIN 4109-2.<br />

• Nutzer von Gebäuden können das gebaute Ergebnis<br />

subjektiv mit dem eigenen Gehör beurteilen.<br />

→ »guter/schlechter« Schallschutz.<br />

• Durch Messungen können exakte Werte ermittelt werden,<br />

die mit den vermeintlich geschuldeten Werten<br />

direkt abgeglichen werden können.<br />

→ Gutachten liefern eindeutige Messwerte, dagegen<br />

sind die Rechenverfahren lediglich Abschätzungen.<br />

Zusammengefasst fehlt es Planern und Handwerkern zumeist<br />

an eingespielten Methoden, um einen zuverlässigen<br />

Schallschutz zu gewährleisten. Gleichzeitig tragen sie Verantwortung<br />

für oft ungenau definierte Schutzziele. Dies ist<br />

eine denkbar ungünstige Konstellation, weil die Bauherrschaft<br />

das gebaute Ergebnis exakt prüfen könnte. Dies wäre<br />

z.B. beim Brandschutz nicht möglich.<br />

☜ Die Schallschutzanforderungen müssen auch für den Laien<br />

verständlich sein.<br />

Um die von den Bewohnern subjektiv empfundene schalltechnische<br />

Qualität zu erläutern, sollte eine verbale Beschreibung<br />

der Wahrnehmung von Sprache und Wohngeräuschen<br />

aus benachbarten Wohneinheiten erfolgen (vgl.<br />

Tab. 59). Dabei bedeutet der Begriff »hörbar«, dass z.B. Sprache<br />

zwar gehört aber nicht verstanden wird (Vertraulichkeit<br />

ist in diesem Fall gewahrt). Dagegen meint »verstehbar«<br />

eine tatsächliche Sprachverständlichkeit.<br />

PLANUNG B • 8<br />

Tabelle 59: Beispiel für eine verbale Beschreibung von Schallschutzanforderungen<br />

Wand<br />

Decke<br />

R‘ w = 54 dB R‘ w < 50 dB L‘ n,w = 45 dB L‘ n,w = 50 dB<br />

laute Sprache ist<br />

Gehgeräusche sind<br />

einwandfrei zu verstehen einwandfrei zu verstehen hörbar deutlich hörbar<br />

normale Sprache ist<br />

spielende Kinder sind<br />

im Allgemeinen nicht verstehbar<br />

hörbar<br />

deutlich<br />

einwandfrei zu verstehen,<br />

deutlich hörbar<br />

sehr deutlich hörbar<br />

hörbar<br />

Soll der Schallschutz vorsorglich verbessert werden, so ist<br />

dies möglich, wirkt sich jedoch direkt auf die Bauverfahren<br />

und damit auf die Kosten aus. Ein verbesserter Schallschutz<br />

kostet Geld einerseits für die Planung (z.B. schalltechnische<br />

Entkoppelung der Nutzungsbereiche, Fachplanung) andererseits<br />

für die bautechnische Entkoppelung der Bauteile<br />

mit hochwertigeren oder zusätzlichen Schichten (z.B. Masse-Feder-Masse,<br />

Biegeweichheit, Schalenabstände, Entkopplungen).<br />

Abb. 26: Kein anderes Feld der Bauphysik ist derart schwer planerisch<br />

vorhersehbar und ebenso einfach wie exakt später prüfbar.<br />

Der Schallschutz birgt ein hohes Mängelpotenzial. Bild: Messanordnung<br />

für den Luftschall (Norsonic).<br />

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