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Holz-Tusche | KonstruktionsHilfen 2023

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B • 9 Funktionen: Tragwerk & Bauphysik • Tragwerksplanung<br />

c<br />

Festigkeitsklassen<br />

PLANUNG B • 9<br />

Die Standsicherheit ist für Gebäude elementar. Um dies<br />

nachzuweisen, werden Lastannahmen getroffen. Zu den<br />

»Einwirkungen« gehören Wind, Schnee, Nutzlasten und die<br />

Eigenlasten des Gebäudes selbst (vgl. Abb. 28). Das Tragwerk<br />

nimmt diese Lasten auf und leitet sie an den Baugrund<br />

weiter. Die Aufgabe des Tragwerks kann von verschiedenen<br />

Materialien übernommen werden. Dies können mineralische<br />

Baustoffe sein wie Mauerwerk und Beton oder metallische<br />

Tragelemente. In der weiteren Betrachtung soll es um<br />

den Werkstoff <strong>Holz</strong> gehen. Als Naturprodukt ist die Varianz<br />

in der Festigkeit am größten, denn <strong>Holz</strong> ist nicht gleich <strong>Holz</strong>.<br />

Allein schon die <strong>Holz</strong>arten sind vielfältig. Man kann verallgemeinert<br />

sagen, dass schwere <strong>Holz</strong>arten eine höhere Festigkeit<br />

haben als leichtere Arten. Betrachtet man die heimischen<br />

Arten, so sind die leichteren Nadelholzarten bei einer<br />

Rohdichte ab 350 kg/m³ (Fichte, Tanne) und die schwereren<br />

Laubhölzer in etwa bei der doppelten Rohdichte (Eiche, Buche).<br />

In früheren Jahrhunderten ließen sich die Zimmerer noch<br />

durch ihre Erfahrungswerte leiten, um standfeste Gebäude<br />

zu bauen. Ein derartiges Vorgehen reichte mit der Industrialisierung<br />

nicht mehr aus. Die ersten bekannten Regeln hatte<br />

die Deutsche Reichsbahn für den <strong>Holz</strong>bau geschaffen. Die<br />

Ingenieurskunst des Tragwerksplaners (Statikers) bekam<br />

später mit der DIN 1052 eine valide Basis.<br />

Sortierklasse<br />

Um bei den verschiedensten Hölzern den Überblick zu behalten,<br />

muss der Anwender kein detailliertes Wissen über<br />

die Eigenschaften des <strong>Holz</strong>es haben. Wie bei anderen Materialien<br />

werden auch im <strong>Holz</strong>bau verschiedene Festigkeitsklassen<br />

angeboten. Allerdings basieren diese nicht auf den<br />

Rezepturen, sondern auf den sogenannten Sortierklassen.<br />

Denn schon der gewachsene Baum, ob rund oder kantig geschnitten,<br />

könnte bereits ein tragendes Bauteil sein. Der<br />

Baum selbst, oder auch das geschnittene <strong>Holz</strong> wird über seine<br />

Merkmale klassifiziert. Ein Tragwerk aus <strong>Holz</strong> wäre bei<br />

den heutigen Sicherheitsstandards ohne professionelle Sortierung<br />

nicht möglich. Vom Forst zum Bauwerk waren es früher<br />

sehr kurze Wege. Man wusste über die Eigenschaften<br />

des <strong>Holz</strong>es in der Region. Heute sieht das anders aus. Die<br />

Handelswege sind unübersichtlich geworden.<br />

Im Abschnitt E • 3 • c wird das Prinzip der Sortierung an den<br />

für den <strong>Holz</strong>bau wichtigen Nadelhölzern gezeigt.<br />

Europäisch einheitliche Festigkeitsklassen<br />

Im Zuge der Schaffung des europäischen Binnenmarktes<br />

wurden die nationalen Regeln durch einheitliche europäische<br />

Standards ersetzt. Zwar sortieren die Länder Europas<br />

das dort jeweils geerntete <strong>Holz</strong> auch heute noch nach ihren<br />

nationalen Vorschriften. Allerdings ist die Vermarktung nur<br />

noch mit den europäisch einheitlichen Festigkeitsklassen<br />

zulässig. Beispiel für eine Festigkeitsklasse C24 (mittlere Festigkeit):<br />

Es kann sowohl die deutsche bzw. österreichische<br />

»S10« verwendet werden, aber ebenfalls die skandinavische<br />

»T2«, aus Frankreich gilt die »ST-II«. Wie gesagt, um die verschiedenen<br />

Sortierklassen muss sich der Anwender nicht<br />

kümmern. Beispiel: Am stärksten verbreitet ist das Konstruktionsvollholz.<br />

Dieses wird in weiten Teilen Europas einheitlich<br />

mit der Bezeichnung »C24« gehandelt. In welchem Land<br />

das <strong>Holz</strong> geerntet und verarbeitet wurde ist bezüglich der<br />

Verwendung unerheblich. Der europäische Binnenmarkt<br />

funktioniert auch beim <strong>Holz</strong>.<br />

Die Kennzeichnung »C« steht für Nadelholz, die »24« für die<br />

charakteristische Biegefestigkeit (f m,k ) dieser Sortierung.<br />

<strong>Holz</strong> für Tragwerke<br />

Vermutlich sind mehr als 90 % des in Deutschland verbauten<br />

Bauholzes mit der Festigkeitsklasse C24 gekennzeichnet<br />

(vgl. Seite G • 1 • e). Tatsächlich wäre ein erheblicher Teil davon<br />

auch der höheren Festigkeitsklasse C30 zuzuordnen.<br />

Dies würde z. B. bei Balkenlagen kleinere Querschnitte bedeuten.<br />

Offensichtlich ist ein Sortiment »C30« trotz der mehr<br />

als 20 % höheren Biegefestigkeit bisher nicht lohnend. Es<br />

bleibt abzuwarten, ob steigende Rohstoffpreise zu einer Differenzierung<br />

führen werden.<br />

Sollen Querschnitte optimiert werden, wie es z. B. im Hallenbau<br />

üblich ist, werden verleimte Querschnitte wie Brettschichtholz<br />

(BS-<strong>Holz</strong>) verwendet. Es stehen neben der im<br />

Handel verfügbaren GL24 die höheren Festigkeitsklasse<br />

GL28 oder GL30 zur Verfügung. Die Bezeichnung »GL« wird<br />

aus dem Englischen übersetzt mit »Glulam«, verleimtes laminiertes<br />

<strong>Holz</strong>.<br />

Hoch belastete Tragelemente können mit der Verwendung<br />

von BS-<strong>Holz</strong> optimiert werden. Zu den Vorteilen gehören:<br />

• große Querschnitte in nahezu beliebigen Formaten<br />

• Verwendung von standardisierter Rohware (sortierte<br />

Brettware in Standardlängen)<br />

• begrenzter Energieaufwand durch Trocknung der Brettquerschnitte,<br />

geringe <strong>Holz</strong>feuchte 12 % +-3 %<br />

• maschinelle Sortierung auch nach höheren Festigkeiten<br />

• verschnittarme Produktion durch Keilzinkung<br />

• Verleimung zum Gesamtquerschnitt als lagerverfügbares<br />

Standardprodukt<br />

• Sonderbauteil (auch gebogen möglich), Breite bis<br />

240 mm (z. T. 300 mm), Höhe bis 2000 mm (z. T.<br />

2500 mm)<br />

Eine Besonderheit bildet das kombinierte BS-<strong>Holz</strong>. Die höher<br />

belasteten Decklamellen eines Biegeträgers (z. B. Balkenlage)<br />

können aus <strong>Holz</strong> höherer Festigkeit hergestellt werden.<br />

Dieses BS-<strong>Holz</strong> wird mit der Kennung »c« versehen, während<br />

homogenes BS-<strong>Holz</strong> mit »h« gekennzeichnet wird (vgl. Seite<br />

G•1•e).<br />

Abb. 30: Decklamellenmit höherer Festigkeit optimieren die <strong>Holz</strong>ausnutzung.<br />

Die mittleren Lamellen können aus <strong>Holz</strong> geringerer<br />

Festigkeit bestehen.<br />

B<br />

homogener<br />

Aufbau<br />

kombiniert<br />

symmetrischer<br />

Aufbau<br />

Lamellen höherer Festigkeit<br />

M<br />

M<br />

<br />

B<br />

B<br />

B<br />

80

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