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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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M.G. Schmidt · »Komplexe Demokratietheorie« nach drei Jahrzehnten 153<br />

der komplexen Demokratietheorie gehören insbesondere die angloamerikanische<br />

Debatte zwischen den Anhängern der empirischen und den Parteigängern<br />

der normativen Demokratietheorie (Cnudde/Neubauer 1969). Zum<br />

Hintergrund zählen ferner Frieder Nascholds bahnbrechende Analysen des<br />

Zusammenhangs von Komplexität und Demokratie 3 sowie die Debatte zwischen<br />

Naschold und Luhmann (Naschold 1969b; Luhmann 1969b, 1969b)<br />

zu diesem Thema.<br />

Die komplexe Demokratietheorie strebt zudem danach, zwei Traditionen<br />

der Demokratieforschung zusammenzuführen, nämlich die »empirische«<br />

(oder »realistische«) Theorie und die normative Richtung. Überdies beobachtet<br />

die komplexe Demokratietheorie sowohl den »Input« des politischen Systems<br />

wie auch seinen »Output« – und bereichsweise den »Throughput«, also<br />

jene Einrichtungen und Vorgänge eines politischen Systems, die den »Input«<br />

weiterleiten, filtern, versickern lassen oder zu Produkten umformen, beispielsweise<br />

zu Gesetzesentwürfen oder personalpolitischen Entscheidungen.<br />

Die Untersuchung des »Input« und des »Throughput« soll informieren<br />

über Vorgänge und Wertigkeit der Willensbildung, der Entscheidungsfindung<br />

und der Konversionsstrukturen in der Demokratie. Und die Analyse<br />

des Outputs dient dazu, die Qualität des Regierens, des politischen Steuerns,<br />

zu bestimmen und – unter Zuhilfenahme von empirisch-vergleichender Forschung<br />

und normativ-analytischer Theorie – zu beschreiben, zu erklären und<br />

gegebenenfalls zu verbessern.<br />

Mit der Erkundung des politischen Output – und bisweilen auch des Outcome,<br />

also der letztendlichen Ergebnisse des Politikmachens – führt die<br />

komplexe Demokratietheorie ein Forschungsprogramm weiter, das Wurzeln<br />

sowohl in älteren wie auch in neueren Theorien hat. Zu den älteren Wurzeln<br />

gehören vor allem die aristotelische Theorie der Demokratie 4 , zu den neueren<br />

die neuzeitlichen Gewaltenverteilungslehren 5 , ferner Gedankengebäude,<br />

die nach Ausschluss tyrannischer Minderheits- oder Mehrheitsherrschaft<br />

streben (Hamilton/Madison/Jay 1961 [1787–1788]), und liberale Theorien,<br />

beispielsweise John Stuart Mills Theorie der Repräsentativverfassung (Mill<br />

1958 [1861]). Letztere wollen – im Gegensatz zu den älteren outputorientierten<br />

Theorien – nicht nur eine bestimmte Klasse von Entscheidungen aus-<br />

vgl. Habermas et al. (1969 [1960]).<br />

3 Naschold (1968, 1969a, 1969b, 1971); zu <strong>Scharpf</strong>s Sicht von Nascholds Beitrag u.a.<br />

<strong>Scharpf</strong> (1970: 18, 69f., 82).<br />

4 Aristoteles, Politik; Aristoteles, Nikomachische Ethik.<br />

5 Insbesondere Montesquieu (1997 [1748]).

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