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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Benz · Konstruktive Vetospieler in Mehrebenensystemen 227<br />

munikationsprozesse finden überwiegend in den zuständigen Ausschüssen<br />

statt, die eine relativ kontinuierliche Kooperation zwischen Regierung und<br />

Parlament ermöglichen. Das führt zu einer gewissen Exklusivität der Prozesse,<br />

die noch verstärkt wird, wenn sie vorwiegend in informellen Kontakten<br />

zwischen Regierung und Mitgliedern der Mehrheitsfraktionen stattfinden.<br />

Diese Verfahren können allerdings die Machtverschiebung zu Gunsten<br />

der Regierung, welche die Politikverflechtung verursacht, nicht kompensieren.<br />

Die Parlamente sind bei ihrer Einschätzung von Verhandlungsspielräumen<br />

und -verläufen auf Informationen ihrer Regierung angewiesen. Diese<br />

kann ihre doppelten Verpflichtungen, die aus der Beteiligung an intergouvernementalen<br />

Verhandlungen und an parlamentarischen Verfahren resultieren,<br />

nutzen, indem sie strategische »Selbstbindungen« (Schelling 1960: 22)<br />

eingeht, also ihre Entscheidungsspielräume auf einer Ebene als eng darstellt,<br />

um auf der anderen Ebene Konzessionen zu erreichen. Eine strategische Informationsvermittlung<br />

gelingt besonders gegenüber Parlamenten, welche<br />

die Eigendynamik der Verhandlungen zwischen Regierungen nicht hinreichend<br />

kalkulieren können. Das Verhalten eines Parlaments hingegen ist wegen<br />

der Öffentlichkeit der Diskussionen und der bekannten Positionen der<br />

Parteien <strong>für</strong> die Verhandlungspartner einer Regierung leicht zu prognostizieren.<br />

Diese Asymmetrie der Interaktionsstruktur können Parlamente nur überwinden,<br />

wenn sie selbst unmittelbare Informationen über die Politik der<br />

Verhandlungspartner ihrer Regierungen gewinnen. Dazu müssen sie eigene<br />

Kommunikationskanäle im Mehrebenensystem aufbauen. Im Bereich der<br />

europäischen Politikverflechtung gibt es Anzeichen da<strong>für</strong>, dass sie eben dies<br />

versuchen. Hier bestehen inzwischen Kontakte sowohl zwischen den nationalen<br />

Parlamenten und dem Europaparlament als auch zwischen nationalen<br />

Parlamenten einzelner Mitgliedstaaten. In den Ausschüssen <strong>für</strong> Europaangelegenheiten<br />

der Parlamente der meisten EU-Staaten werden Abgeordnete<br />

des Europaparlaments aus dem jeweiligen Staat beteiligt (Fuchs 2001: 26;<br />

Maurer/Wessels 2001). Darüber hinaus finden in unregelmäßigen Abständen<br />

gemeinsame Sitzungen von Europaausschüssen einzelner Staaten statt<br />

(ebd.: 23–24). Hinzu kommen Kontakte individueller Parlamentsmitglieder<br />

zu europäischen Institutionen oder zu Parlamentariern in anderen Staaten.<br />

Diese Strategien der nationalen Parlamente werden unterstützt durch die von<br />

der europäischen Ebene ausgehenden Bemühungen, die nationalen Parlamente<br />

der Mitgliedstaaten der EU stärker in die europäischen Prozesse einzubeziehen.<br />

Ein Indiz da<strong>für</strong> liefert die 14. Erklärung zum Vertrag über die

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