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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Schneider · Komplexität und Policy-Forschung 303<br />

von Lösungsoptionen oft signifikant unterscheiden und über unterschiedliche<br />

Problemlösungsressourcen verfügen.<br />

Wenn die Erkenntnislogik der Policy-Analyse mit Disziplinen der Naturwissenschaften<br />

verglichen werden soll, dann liegt diese also der Medizin<br />

näher als zum Beispiel der Biologie oder der Physik. Wie bei der Heilung<br />

einer Krankheit geht es letztlich um die Intervention in ein komplexes System.<br />

In der Policy-Analyse wird dies jedoch weniger genau in seinen Wechselwirkungen<br />

und Kausalzusammenhängen verstanden, als dies bei der Medizin<br />

im Fall des menschlichen Organismus der Fall ist. Im Idealfall verfügt<br />

die Medizin über zuverlässiges Wissen aus den so genannten Lebenswissenschaften,<br />

das biologische und psychologische Zusammenhänge im Gesamtorganismus<br />

bis hinein in die biochemischen und molekularbiologischen<br />

Grundlagen des Lebens beschreibt. Doch auch hier gibt es noch viele weiße<br />

Flecken auf der Forschungslandkarte. Zwar werden einzelne »Elementarteilchen«<br />

des Lebens zunehmend besser erforscht, über das komplexe Zusammenwirken<br />

der Entitäten ist das Wissen jedoch immer noch unzureichend.<br />

Nicht nur Kritiker aus der Ecke der so genannten Ganzheitsmedizin<br />

betonen immer wieder, dass kein Organismus gleich reagiere und identische<br />

Störfaktoren oft die unterschiedlichsten Krankheiten auslösen.<br />

Auf Grund ihres Gegenstands haben sowohl die Lebens- wie die Gesellschaftswissenschaften<br />

im Vergleich zur Physik den Nachteil, dass es viel<br />

schwieriger ist, Bedingungen kontrolliert variieren zu lassen. Im Gegensatz<br />

zur Physik, wo in abgeschotteten Räumen experimentelle Kontrolle tatsächlich<br />

weitestgehend möglich ist, sind die Bedingungen <strong>für</strong> experimentelle<br />

Forschung in den Lebens- und Gesellschaftswissenschaften nur ansatzweise<br />

vorhanden.<br />

Als Ersatzstrategie unter den im Wesentlichen unkontrollierten Bedingungen<br />

von Öko- und Gesellschaftssystemen hat sich das randomisierte Feldexperiment<br />

auf der Basis statistischer Verfahren entwickelt. Dieses Vorgehen<br />

hat sich inzwischen zum Königsweg in den Life-Sciences und jenen<br />

Bereichen der Sozialwissenschaft entwickelt, die hauptsächlich mit Individuen<br />

als Analyseeinheiten arbeiten (Psychologie, Erziehungswissenschaft,<br />

Teile der Soziologie und der Volkswirtschaft). In der Policy-Analyse ist<br />

dieses Vorgehen auf Grund mehrerer Faktoren nicht unproblematisch:<br />

– Geringe Fallzahlen: Eine aussagekräftige statistische Analyse setzt große<br />

Fallzahlen voraus, die bei Policy-Analysen, insbesondere wenn Problemlösungsprozesse<br />

auf nationalstaatlicher Ebene untersucht werden sollen,<br />

nur selten vorliegen. Es gibt zwar mehr als zweihundert Nationalstaaten,

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