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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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310 V · Erklärung und Verallgemeinerung<br />

klärung nicht einfach vergangene Erlebnisse nachvollziehbar machen soll,<br />

sondern objektive Argumente <strong>für</strong> und gegen eine vermutete Situationsanalyse<br />

vorbringen müsse (Popper 1972: 194–195).<br />

Ähnlich argumentiert Hans Albert (1978: 64) mit dem Konzept der institutionalistischen<br />

Erklärung individuellen Handelns, mit dem er auf die<br />

Normierungskraft sozialer Institutionen verweist. Oft wäre es allerdings nur<br />

möglich,<br />

das prinzipielle Funktionieren bestimmter sozialer Mechanismen unter typischen<br />

Bedingungen zu erklären, und zwar durch Modelle, deren Annahmen den in bestimmten<br />

Raum-Zeit-Gebieten vorherrschenden Bedingungen nahe kommen.<br />

Solche idealtypische Erklärungsskizzen können an das Vorliegen typischer institutioneller<br />

Regelungen in einem solchen Gebiet, an den Stand der Technik und<br />

andere Besonderheiten anknüpfen. (Albert 1978: 15)<br />

An anderer Stelle wird dieses Vorgehen als Konstruktion extrem idealisierter<br />

Annahmen charakterisiert, die realistischerweise nur bei überschaubaren<br />

Mikrosituationen so weit bestimmt werden könnten, dass soziale Prozesse<br />

nach diesem analytischen Muster tatsächlich deduzierbar wären. Auf der<br />

Makroebene von Gesellschaften seien die <strong>für</strong> eine deduktive Erklärung notwendigen<br />

Bedingungen jedoch so vielfältig, dass es prinzipiell illusorisch<br />

wäre, alle notwendigen Faktoren in das entsprechende Modell einzubeziehen<br />

(Albert 1976: 163).<br />

Auch eine Kombination von unterschiedlichen Partialtheorien, Erklärungsmodulen<br />

oder Mechanismen kann dieses Grundproblem der Unvollständigkeit<br />

nicht lösen. Selbst eine komplexe Kombination von Theorieelementen<br />

steht vor dem Problem, dass sie ein Phänomen nicht vollständig und<br />

in allen Einzelheiten erklären kann (<strong>Scharpf</strong> 2000: 63–72). Auch wenn wir<br />

den Mechanismus eines Ereigniszusammenhangs kennen, können wir nicht<br />

exakt davon ableiten, was er an einem bestimmten Raum-Zeitpunkt hervorbringen<br />

wird (Hayek 1972: 29). Sozialwissenschaftliche Erklärungen im<br />

Allgemeinen und historische Erklärungen im Besonderen sind immer unteroder<br />

überdeterminiert. Häufig liegen, wie bereits in einem Zitat von Campbell<br />

(1984: 32) hervorgehoben wurde, mehrere alternative Erklärungen mit<br />

ähnlicher Passgüte vor (Hempel 1965: 419). Wie dieses Problem angegangen<br />

werden kann, wird im folgenden Abschnitt behandelt.

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