07.01.2013 Aufrufe

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Lehmbruch · Verbändesystem zwischen Unitarismus und Föderalismus 283<br />

werk öffentlicher Arbeitgeber agiert, zusammengeschlossen in der Tarifgemeinschaft<br />

des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Die Analogie zur<br />

unitarisierenden Regelsetzung in der horizontalen Kooperation der Bundesländer<br />

ist hier mit Händen zu greifen. Vergleichbare Abstimmungsprozesse<br />

waren (vor der unlängst erfolgten Gründung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft<br />

[ver.di]) auch auf der gewerkschaftlichen Seite erforderlich,<br />

weil es im öffentlichen Dienst bislang neben der dominierenden Gewerkschaft<br />

Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) noch eine<br />

Reihe von kleineren Gewerkschaften <strong>für</strong> einzelne Status- oder Berufsgruppen<br />

gab. 29 Es ist umso bemerkenswerter, dass auf diese Weise im öffentlichen<br />

Sektor ein Zentralisierungsgrad der Arbeitsbeziehungen erreicht wurde,<br />

der im Vergleich mit dem föderativen System der USA sehr ausgeprägt<br />

ist und auch das Koordinierungsniveau in der deutschen Privatwirtschaft<br />

deutlich übertrifft (Keller 1983: 42–44, 1993: 146). Und es ist ebenso bemerkenswert<br />

und erklärungsbedürftig, dass man auf beiden Seiten überwiegend<br />

der Versuchung widerstanden hat, aus dem unitarischen Regelwerk auszubrechen.<br />

30 Die öffentlichen Arbeitgeber haben das traditionell mit der Absicht<br />

begründet, eine Auseinanderentwicklung der Besoldung zu verhindern,<br />

die sich in Zeiten voller Kassen als »Aufschaukeln« darstellte. Aber ein solcher<br />

Prozess setzte natürlich voraus, dass sich die Gehaltsentwicklung auch<br />

bei Ländern und Gemeinden an einem nationalstaatlichen Bezugsrahmen<br />

orientiert – was wiederum im internationalen Vergleich nicht selbstverständlich<br />

ist. Die plausiblere Erklärung wäre, dass wir es hier mit »institutioneller<br />

Isomorphie« (DiMaggio/Powell 1991: 67–74) zu tun haben, gesteuert durch<br />

die kulturellen Orientierungen, die den dominanten Unitarisierungstrend im<br />

deutschen Bundesstaat bestimmt haben und noch bestimmen (Lehmbruch<br />

2002).<br />

Dies kann dann aber zu der Frage führen, ob das Modell der unitarisierten<br />

Besoldung im öffentlichen Sektor nicht über »mimetische Isomorphie«<br />

29 Neben der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG), die früher außerhalb des DGB<br />

stand, waren dies die Deutsche Postgewerkschaft, die Gewerkschaft der Eisenbahner<br />

Deutschlands, und die Gewerkschaft der Polizei. Eingehende Analysen des gesamten, überaus<br />

komplizierten Verhandlungsnetzwerks verdanken wir Berndt Keller (1983: 119–<br />

192, 1993: 125–152); vgl. auch McPherson (1971: 27–94).<br />

30 Neuerdings lassen sich zwar auch im öffentlichen Sektor, ähnlich wie in der Privatwirtschaft,<br />

Anzeichen einer gewissen Dezentralisierung beobachten, indem gewisse Regelungskompetenzen<br />

(etwa in Fragen der Arbeitszeit) auf die untere Ebene (z.B. der Dienststelle)<br />

verlagert werden (Keller 1993: 175–177). Die grundlegenden Regelwerke, insbesondere<br />

die Lohn- beziehungsweise Gehaltsvereinbarungen, bleiben aber weiterhin strikt<br />

zentralisiert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!