07.01.2013 Aufrufe

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Benz · Konstruktive Vetospieler in Mehrebenensystemen 225<br />

5 Strategien externer Vetospieler: Parlamente in der<br />

Politikverflechtung<br />

Wie oben erwähnt, wird in Mehrebenensystemen der hier betrachteten Form<br />

demokratische Legitimation nicht oder zumindest nicht allein durch ein<br />

zentrales Parlament, sondern durch die Beteiligung der Parlamente in den<br />

involvierten Staaten oder Gebietskörperschaften gewährleistet. Parlamentarier<br />

müssen dabei mit dem beschriebenen Dilemma umgehen, also eine<br />

schwierige Gratwanderung zwischen zwei ungünstigen Alternativen bewältigen:<br />

Geben sie ihrer Regierung freie Hand, dann leisten sie einem Legitimationsdefizit<br />

Vorschub; nutzen sie dagegen ihre Vetomöglichkeiten, sei es<br />

durch politisch bindende Verhandlungsmandate oder durch »Ex-post«-Kontrolle<br />

der Verhandlungsergebnisse, dann beeinträchtigen sie die Effektivität<br />

von Verhandlungen.<br />

Ob sie überhaupt zwischen diesen Alternativen wählen können, hängt<br />

davon ab, wie die parlamentarischen Mitwirkungs- und Kontrollrechte konkret<br />

ausgestaltet sind. Ohne Verfahrensregeln, die ihnen hinreichende Informationen<br />

sichern, rechtzeitige Willenserklärungen ermöglichen oder die<br />

Regierung zu expliziter Darlegung ihrer Politik zwingen, bleiben Parlamente<br />

machtlos. Sie reagieren daher auf die Ausbildung von Mehrebenenpolitik<br />

durch institutionelle Reformen, welche die Gewaltenbalance des<br />

parlamentarischen Systems erhalten oder wieder herstellen sollen. So haben<br />

die deutschen Landtage eine frühzeitige Beteiligung in den Gemeinschaftsaufgaben<br />

durchgesetzt, <strong>für</strong> die sie Haushaltsmittel bereitstellen müssen. Regionale<br />

und nationale Parlamente reagierten auf die europäische Integration,<br />

indem sie Europaausschüsse einrichteten, um ihre Informationsverarbeitungskapazitäten<br />

zu verbessern, und indem sie Informations- und Beteiligungsrechte<br />

an der Europapolitik ihrer Regierung geltend machten (Johne<br />

2000; Kamann 1997; Maurer/Wessels 2001; Norton 1996; Straub/Hrbek<br />

1998; Weber-Panariello 1995).<br />

Diese institutionellen Reformen bringen Parlamente allerdings in eine<br />

problematische Situation. Einerseits müssen sie, um den Anforderungen an<br />

demokratische Legitimation gerecht zu werden, die Voraussetzungen <strong>für</strong> die<br />

Regierungskontrolle verbessern, andererseits können sie die Kontrollmacht,<br />

die sie durch institutionelle Reformen erlangen, nur bedingt einsetzen.<br />

Wenn intergouvernementale Verhandlungen mit Mehrheitsentscheidungen<br />

enden, sind Regierungen, die an parlamentarische Stellungnahmen gebunden<br />

sind, nicht in der Lage, durch Kompromisse eine gegen ihre Interessen<br />

gehende Entscheidung zu verhindern. Bei erforderlicher Einstimmigkeit

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!