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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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314 V · Erklärung und Verallgemeinerung<br />

letzteren schon davon ausgegangen, dass »Reality Checks« möglich sind<br />

und theoretische Fehlkonstruktionen an der objektiven Realität scheitern<br />

können. Dies ist nicht nur eine der Grundannahmen der evolutionären Erkenntnistheorie<br />

(Vollmer 1998), sondern auch der gegenwärtigen Forschung<br />

über künstliche Intelligenz und Maschinen-Lernen (Flach/Kakas 2000).<br />

Nach Gell-Mann (1994: 53) sind komplexe adaptive Systeme in der Weise<br />

lernfähig, dass sie Informationen über ihre Umwelt und ihre Wechselwirkung<br />

aufnehmen, Regelmäßigkeiten in diesen Daten erkennen und diese zu Modellen<br />

verdichten. Diese Schemata bilden dann die Orientierungsmuster <strong>für</strong><br />

das Handeln in der realen Welt: »Es gibt jeweils mehrere konkurrierende<br />

Schemata, und die Folgen von Handlungen in der Welt wirken auf die Konkurrenz<br />

unter diesen Schemata zurück« (Gell-Mann 1994: 53).<br />

Das wissenschaftliche Pattern-Matching verläuft ähnlich, aber nur »bewusster«<br />

und systematischer. Eine strukturierte Interpretation einer Situation<br />

oder eines Prozesses auf der Basis eines explizierten analytischen Bezugsrahmens,<br />

in dem das Beobachtungsraster präzise operationalisiert ist,<br />

kann insoweit zu Generalisierungen beitragen, als sie mit der Interpretation<br />

ein integriertes Hypothesensystem formuliert, das als Ganzes oder in Teilen<br />

auf qualitative und quantitative Weise überprüft, modifiziert und eventuell<br />

verworfen werden kann. Grundvoraussetzung ist die systematische Explikation<br />

der analytischen Einheiten und der vermuteten Zusammenhänge oder<br />

Mechanismen. Explikation und operationale Präzision erleichtert nicht nur<br />

die intersubjektive Überprüfung der Stichhaltigkeit einer Interpretation,<br />

sondern auch die Suche nach weiteren Indizien, die <strong>für</strong> oder gegen eine Erklärung<br />

sprechen. Auch hier muss das vorrangige Ziel die Überprüfbarkeit<br />

und der Ausschluss rivalisierender Hypothesen sein.<br />

Ist dies gegeben, dann braucht man sich nicht nur auf die intellektuelle<br />

Kompetenz und Redlichkeit von Wissenschaftlern zu verlassen, sondern<br />

kann auf den wissenschaftlichen Wettbewerb vertrauen, in dem eine Interpretation<br />

sich behaupten muss. Kompetitive Replikation, die Bedrohung<br />

durch mögliche Nachuntersuchungen und ein wissenschaftliches Anreizsystem,<br />

das wissenschaftliche Innovation honoriert und Unredlichkeit und<br />

Inkompetenz bestraft (Campbell 1984), sind ausreichende Bedingungen da<strong>für</strong>,<br />

dass sich überlegene »Interpretationsschemata« durchsetzen.

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