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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Lehmbruch · Verbändesystem zwischen Unitarismus und Föderalismus 267<br />

die eine Staatsverwaltung in Verfolgung ihrer Ziele einmal geschaffen hat,<br />

können sich verfestigen und sich »pfadabhängig« fortentwickeln. Das wird<br />

vor allem dadurch begünstigt, dass politische Regime auch über (mehr oder<br />

weniger ausgeprägte) institutionelle Kontinuitätsbrüche hinweg eigentümliche<br />

»policy legacies« hinterlassen.<br />

Oben war schon davon die Rede, dass die Entwicklung der bundesstaatlichen<br />

Institutionen begleitet und überlagert wurde durch die Ausbildung<br />

hegemonialer politisch-kultureller Orientierungen, deren zentrale Leitvorstellungen<br />

die Rechts- und Wirtschaftseinheit waren. Diese unitarischen<br />

kulturellen Orientierungen stießen aber, wie hier gezeigt werden soll, in verschiedenen<br />

Sektoren an eine Schranke, und zwar in Gestalt der vor der Nationalstaatsbildung<br />

etablierten (vor allem sektoralen) Politiknetzwerke auf<br />

der Ebene der Gliedstaaten. Diese bewiesen nicht selten ein bemerkenswertes<br />

Beharrungsvermögen – nur eben jetzt auf der subnationalen Ebene. Das<br />

Ergebnis des Staatsbildungsprozesses lässt sich somit als eine mehrschichtige<br />

Struktur abbilden, bestehend aus älteren und jüngeren, unterschiedlich<br />

konfigurierten Politiknetzwerken, die Staat und Gesellschaft auf der nationalen<br />

oder der regionalen Ebene in wechselseitiger Ressourcenabhängigkeit<br />

verbinden.<br />

3 Ein Beispiel: Unitarisierungstendenzen im Spannungsfeld<br />

von Industrieverbänden und Arbeitsbeziehungen<br />

Im Folgenden soll diesen Fragen am Beispiel der Verbandsorganisation und<br />

der Koordinierungspraxis im Industriesektor und dem korrespondierenden<br />

System der Arbeitsbeziehungen exemplarisch nachgegangen werden. Hier<br />

haben wir es mit einem eigentümlichen und komplexen Sonderfall zu tun.<br />

Denn hier sind zwei Politiknetzwerke miteinander verknüpft, deren spezifische<br />

Strukturen durch unterschiedliche entwicklungsgeschichtliche Ausgangsbedingungen<br />

im Spannungsfeld von Unitarismus und Föderalisierung<br />

deutlich kontrastierende Prägungen erfahren haben.<br />

Das Verbändesystem im Industriesektor zeichnet sich bekanntlich dadurch<br />

aus, dass auf der Unternehmerseite industrielle Branchen- und Spitzenverbände<br />

einerseits, Arbeitgeberverbände andererseits zwar funktional<br />

ausdifferenziert, aber miteinander vielfältig verflochten sind. Zwischen den<br />

industriellen Unternehmerverbänden und dem System der Arbeitsbeziehungen<br />

gibt es infolgedessen eigentümliche Interdependenzen, aber auch struk-

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