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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Schneider · Komplexität und Policy-Forschung 305<br />

geringe Anhaltspunkte <strong>für</strong> Generalisierungen bieten. Eine typische Policy-<br />

Fallstudie rekonstruiert die Geschichte einer Policy mit vielen Kontextinformationen<br />

und hochauflösenden Einsichten in die Vernetzung zwischen<br />

Akteuren und Ereignissen.<br />

Eine Fallstudie als Untersuchungsstrategie bedeutet jedoch nicht nur<br />

qualitatives Vorgehen. Komplexe Interaktionsstrukturen in einem Policy-<br />

Prozess können beispielsweise auch mittels der Netzwerkanalyse systematisch<br />

herausgearbeitet und dokumentiert werden. Auch gehen Fallstudien<br />

nicht notwendigerweise theorielos vor, indem einfach eine Situation beschrieben<br />

oder eine Geschichte erzählt wird. Wie Harry Eckstein (1992)<br />

zeigt, sind neben der konfigurativ-idiosynkratischen Form auch deduktive<br />

Fallstudiendesigns denkbar. Bei einer theoretisch gestützten Fallauswahl<br />

(zum Beispiel »crucial cases«) und einem systematischen Vorgehen können<br />

vermutete Regelmäßigkeiten systematisch überprüft werden.<br />

Der Gegenpol zur Einzelfallstudie ist die quantitativ-statistische Variablen-Analyse.<br />

Auch hier ist sowohl eine induktive wie eine deduktive Vorgehensweise<br />

möglich. Bei Induktion wird aus den statistischen Zusammenhängen<br />

zwischen den Variablen eines empirischen Datensatzes auf kausale<br />

Wirkungszusammenhänge in der realen Welt geschlossen; bei der Deduktion<br />

wird systematisch überprüft, ob sich die in Gesetzesform vorliegenden,<br />

aus Theorien abgeleiteten hypothetischen Zusammenhänge auch in empirischen<br />

Daten erkennen lassen. Vielen dieser quantitativen Policy-Studien<br />

gelingt es, signifikante Wirkungszusammenhänge zwischen Politikstrukturen<br />

und Policy-Outcomes festzustellen. Manchmal sind die Zusammenhänge<br />

aber so allgemein, dass hierüber nur wenig »sozialtechnologisches Wissen«<br />

generiert wird, das <strong>für</strong> die Beantwortung einer Policy-Frage notwendig<br />

wäre. Natürlich wäre es <strong>für</strong> den Analytiker dann hilfreich, wenn er – analog<br />

zum Mediziner – wirklich auf fundiertes gesellschafts- und politiktheoretisches<br />

Wissen zurückgreifen könnte. Dies müsste letztlich vorhersagen lassen,<br />

mit welchen Instrumenten und bei welchen Handlungsbedingungen Policy-Probleme<br />

besser gelöst werden können. Mario Bunge formuliert die<br />

Unterschiede in den Erkenntniszielen so:<br />

According to the so-called covering law »model« of scientific explanation, to<br />

explain a fact is to show that it fits a pattern: that is, to subsume it under a lawlike<br />

statement. But this is not what scientists or technologists call an explanation:<br />

they want to know how things work, that is, what makes them tick. This accounts<br />

for their preference for laws that sketch some mechanism or other –<br />

causal, random, or mixed – for the occurrence of the fact to be explained.<br />

(2000: 395)

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