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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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164 III · Die Handlungsfähigkeit der Demokratie<br />

hohes Interessenberücksichtigungspotenzial ihr Eigen nennen können und<br />

insgesamt vermeidbare Interessenverletzungen weitgehend vermieden haben<br />

(<strong>Scharpf</strong> 1999: 678).<br />

Was folgt aus alledem? Trotz aller Erfolge der europäischen Politik ergibt<br />

sich ein europäisches Demokratiedefizit. Dieses Defizit erwächst dem<br />

Mangel an Input-Legitimität und – die Befunde der komplexen Demokratietheorie<br />

deuten darauf hin, aber nicht ihre Interpretation – einem Mangel<br />

an Output-Legitimität. Dieser wird allerdings durch die zuvor erwähnten<br />

Legitimierungsquellen europäischer Politik gelindert. Doch liegen die eigentlichen<br />

Legitimationsdefizite und mithin das eigentliche Demokratiedefizit,<br />

so gibt <strong>Scharpf</strong> zu bedenken, nicht in den Legitimationsbilanzen der<br />

europäischen Politik. Denn diese hat, so seine zuvor erwähnte Sicht, jeweils<br />

ausreichende Legitimationsgrundlagen. Das eigentliche Demokratiedefizit<br />

verortet die komplexe Demokratietheorie hingegen in den Legitimationsbilanzen<br />

der nationalstaatlichen Politik (<strong>Scharpf</strong> 1999b: 680). Dort fallen die<br />

Probleme und Folgeprobleme der europäischen Politik an, zum Beispiel die<br />

Aufgabe, die Standortkonkurrenz zu bewältigen, die durch die Marktschaffungspolitik<br />

der EU verschärft wird, oder die Aufgabe, Opfer der europäischen<br />

Politik aufzufangen. Aber dort sind zugleich die Handlungsspielräume<br />

auf Grund zunehmender Europäisierung der öffentlichen Aufgaben begrenzt<br />

worden. Zugleich aber wuchs der Aufgabenkatalog <strong>für</strong> die Nationalstaaten,<br />

vor allem die Entwicklung zweier zukunftstauglicher Projekte. Das erste ist<br />

die Schaffung wettbewerbsfester beschäftigungsintensiver Sozialstaaten, die<br />

sich sowohl im Standortwettbewerb als auch im nationalen politischen Diskurs<br />

behaupten können. Und das zweite Projekt ist »die Anerkennung wechselseitiger<br />

Abhängigkeiten und die »Einbeziehung des Anderen« (Habermas<br />

1999) in die Bildung der eigenen Präferenzen zur Willensbildung und Entscheidung<br />

in Problemlösungen, die inter- und transnationale Verhandlungen<br />

erfordern.<br />

Bei der Bewältigung dieser Aufgaben sieht die komplexe Demokratietheorie<br />

– trotz Denationalisierung und Wettbewerbsdruck – beträchtliche<br />

Spielräume – sowohl was die Wahl von Handlungsalternativen angeht als<br />

auch den Vollzug. Überdies zeigt sich selbst bei hochgradiger Internationalisierung<br />

und intensivierter europäischer Integration, dass umsichtiges Politikmanagement<br />

und anspruchsvolle Politikkonzertierung von Regierungen,<br />

Parteien, Verbänden und Wissenschaft nach wie vor einen großen Unterschied<br />

machen und Probleme bewältigen oder zumindest eindämmen können<br />

(<strong>Scharpf</strong> 1999a, 1999b; <strong>Scharpf</strong>/Schmidt 2000). Und so erweist sich die<br />

komplexe Demokratietheorie als eine Theorie, die ebenfalls vom »akteur-

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