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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Lehmbruch · Verbändesystem zwischen Unitarismus und Föderalismus 271<br />

Diese Entwicklung ist <strong>für</strong> unseren Zusammenhang besonders aufschlussreich:<br />

Der Bedeutungsgewinn und der kontroverse Charakter der Außenhandelspolitik<br />

hat nämlich zwar zur Gründung von – konkurrierenden –<br />

Spitzenverbänden und zur Ausbildung von Politiknetzwerken mit nationalem<br />

Fokus geführt, aber nicht notwendigerweise zu organisatorischer Zentralisierung.<br />

Denn die Konkurrenz zwischen CVDI und BdI spiegelte nicht nur<br />

Gegensätze zwischen Schwerindustrie und Verarbeitungsindustrien wider,<br />

sondern zugleich auch regionale Konfliktlinien. Der Schwerpunkt der im<br />

CVDI organisierten Interessen lag in Preußen, während die Mitgliedsverbände<br />

des BdI vor allem in den Mittel- und Kleinstaaten des Deutschen Reiches<br />

zuhause waren, von Sachsen und Thüringen bis Württemberg, Baden<br />

und Bayern (Ullmann 1988: 81–82). Im BdI setzten sich infolgedessen gegenüber<br />

den Be<strong>für</strong>wortern einer zentralisierten Organisationsform zunehmend<br />

die Landesverbände durch, und nach der Jahrhundertwende konnte<br />

sich der BdI zeitweise mit Hilfe seiner dezentralisierten Organisationsform<br />

ausweiten, die dann freilich auch seine Kohäsion immer wieder gefährdete<br />

(Ullmann 1976: 48–79). Dazu meinte 1908 das Verbandsblatt des rivalisierenden<br />

CVDI, es sei »in den einzelnen Industrien der deutschen Bundesstaaten<br />

der Anschluss an eine Organisation ihres eigenen Landes wohl ein<br />

viel plausiblerer Organisationsgedanke als ein Zusammengehen mit den Industriellen<br />

der gleichen Branche in anderen Bundesstaaten oder im ganzen<br />

Reich«. Der Centralverband hatte nämlich bei der Gründung von Landesverbänden<br />

nur begrenzten Erfolg (insbesondere die preußischen Industriellen<br />

wurden direkt vom CVDI vertreten).<br />

Pläne <strong>für</strong> eine alternative Organisationsform, nämlich die Zusammenfassung<br />

der bislang schwer zu kontrollierenden Fachverbände in Fachgruppen,<br />

wurden dann im Ersten Weltkrieg durchgesetzt und erlaubten nun dem<br />

CVDI die Kontrolle über die Unterverbände (Kaelble 1967: 31–35). Vor<br />

allem das System der Kriegswirtschaft beförderte einen starken Konzentrationsprozess<br />

in der industriellen Interessenvermittlung, der nach Kriegsende<br />

im Repräsentationsmonopol des Reichsverbandes der Deutschen Industrie<br />

(RdI) einen ersten Höhepunkt erlebte. Die Reorganisation im Zeichen der<br />

nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik vollendete dann diese Entwicklung<br />

mit der zentralistischen Organisation der Reichsgruppe Industrie (zu<br />

diesen Entwicklungen vgl. Lehmbruch 2001). Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

hat man auch in der Industrie am Repräsentationsmonopol festgehalten,<br />

doch zunächst hatten schon die Landesverbände erneut an Bedeutung gewonnen<br />

(Mayntz 1990). Und mit der Wiederherstellung eines bundesstaatli-

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