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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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244 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

weiter gehender Schritt von Tschetschenien in Richtung Unabhängigkeit<br />

wurde hingegen blutig unterbunden. Der Versuch, im Zentrum Sverdlovsk<br />

eine Ural-Republik zu gründen (1993), wurde von Moskau ebenfalls nicht<br />

anerkannt.<br />

Von Spanien bis Russland haben die neuen Föderationen laviert und Abstriche<br />

von einem symmetrischen Föderalismus zugelassen. Dem Idealbild<br />

einer Föderation mit gleichen symmetrischen Rechten bei Verhältniswahlrecht<br />

kommen heute allenfalls die Schweiz und Belgien nahe.<br />

Für eine Analyse der Asymmetrien des postmodernen Föderalismus ist<br />

eine Matrix mit einer bipolaren Differenz zu grobmaschig, um die Fülle der<br />

Divergenzen in Macht und Rang der Gliedeinheiten darzustellen. Die Dejure-Asymmetrien<br />

gelten nur <strong>für</strong> Föderationen, die bedeutendere Form der<br />

De-facto-Asymmetrien kann jedoch auch <strong>für</strong> die Analyse dezentralisierter<br />

Einheitsstaaten von Nutzen sein. Zwei Arten der Asymmetrie existieren in<br />

allen Föderationen:<br />

– De-jure-Asymmetrien, die in der Verfassung und in den Gesetzen angelegt<br />

sind,<br />

– De-facto-Asymmetrien, die sich jenseits von Verfassung und Gesetz aus<br />

wirtschaftlichen, sozialen und politischen Dynamiken entwickelt haben.<br />

2 De-jure-Asymmetrien<br />

Ein erster Beitrag zur Theorie des asymmetrischen Föderalismus von Tarlton<br />

(1965) hat noch die De-jure-Asymmetrien stark betont. Sie sind auch<br />

heute keineswegs bedeutungslos:<br />

a) De-jure-Asymmetrien entstehen paradoxerweise am ehesten in den alten<br />

Föderationen wie der Schweiz oder den USA, in denen die Bundesverfassung<br />

kaum Hinweise auf die Struktur der Staaten- oder Kantonsverfassung<br />

enthält. Am anderen Ende der Skala liegt Indien mit seiner föderalen Vorgabe<br />

<strong>für</strong> die Staatenverfassungen. Die Russische Föderation leistet sich die<br />

Inkonsequenz, einerseits gleiche Rechte <strong>für</strong> die föderalen »Subjekte« –<br />

schon der Terminus verheißt nichts Gutes – zu postulieren (Verfassung Art.<br />

5.4), andererseits nur den nicht-russischen ethnischen Republiken Staatlichkeit<br />

zuzuerkennen. Die russischen Gebiete besitzen keine Verfassung, sondern<br />

nur ein Statut und begrenzte legislative Rechte (Verfassung Art. 5.2).<br />

Die Gruppe der Republiken mit nicht-russischer Titularnation wurde – ähn-

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