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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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226 III · Die Handlungsfähigkeit der Demokratie<br />

kommt es zu Verhandlungsblockaden, die ebenfalls die Ziele individueller<br />

Regierungen verhindern können. Selbst wenn Parlamente über Vetomacht<br />

verfügen, setzen sie diese daher höchst selten ein. Faktisch verzichten sie<br />

daher auf die Nutzung ihrer Macht, weil sie die schädlichen Auswirkungen<br />

vermeiden wollen, die Interventionen in Regierungsverhandlungen auslösen.<br />

Die Institutionenpolitik geht daher oft einher mit einer symbolischen<br />

Politik, wenn inhaltliche Entscheidungen betroffen sind. Sie trägt allerdings<br />

nicht dazu bei, die These eines Legitimitätsdefizits der Politikverflechtung<br />

zu entschärfen.<br />

Die symbolische Politik in der parlamentarischen Kontrolle der Politikverflechtung<br />

kann in unterschiedlicher Weise praktiziert werden. In der Europapolitik<br />

werden häufig große öffentliche Debatten durchgeführt, in welchen<br />

Ergebnisse von Regierungsverhandlungen beraten werden, während<br />

gleichzeitig klar ist, dass eine Ablehnung dieser Ergebnisse ausscheidet<br />

(vgl. etwa Rudzio 2000). Teilweise sind auch Themenverschiebungen zu<br />

beobachten, durch die in einer Debatte Aspekte der Mehrebenenpolitik in<br />

das Zentrum der parlamentarischen Arbeit gerückt werden, die zwar öffentliche<br />

Aufmerksamkeit wecken, <strong>für</strong> die aber ein Parlament eigentlich nicht<br />

verantwortlich ist, während die in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden<br />

Themen vernachlässigt werden. Das ist etwa der Fall, wenn ein Landtag sich<br />

mit Fragen der institutionellen Reform der europäischen Strukturfonds befasst,<br />

während er gleichzeitig die Entwicklung der regionalen Entwicklungsprogramme,<br />

auf deren Grundlage EU-Mittel sowie die zur Kofinanzierung<br />

erforderlichen Landesmittel eingesetzt werden, den Verhandlungen zwischen<br />

der Landesverwaltung und der Europäischen Kommission überlässt<br />

(Auel 2002). Auch die Drohung, sich abzeichnende Verhandlungsergebnisse<br />

abzulehnen, die Parlamentsmehrheiten vereinzelt aussprechen, hat normalerweise<br />

eine symbolische Bedeutung. Sie soll signalisieren, dass die Regierung<br />

nicht ohne Zustimmung des Parlaments handeln kann und deshalb den<br />

Willen des Parlaments in Verhandlungen mit anderen Regierungen berücksichtigen<br />

muss.<br />

Da Parlamentsmitglieder wissen, dass sie ihre Ziele in intergouvernementalen<br />

Verhandlungen nicht durch Drohung mit Vetos durchsetzen können,<br />

versuchen sie, ihre Regierung durch Kommunikation zu beeinflussen.<br />

Parlamentsausschüsse oder Mehrheitsfraktionen fordern zuständige Vertreter<br />

der Regierungen auf, über die Vorbereitung und den Verlauf von Verhandlungen<br />

zu berichten. Regierungen ihrerseits erörtern ihre Politik mit<br />

Parlamentsgremien, um Konzessionsspielräume auszuloten und um die Parlamentsmehrheit<br />

frühzeitig von ihrer Politik zu überzeugen. Diese Kom-

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