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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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294 V · Erklärung und Verallgemeinerung<br />

gen, die durch unterschiedliche Ereigniskombinationen produziert werden<br />

können, und der hieraus folgenden geringen Wahrscheinlichkeit, dass irgendeine<br />

Ereigniskette mehrmals in der Geschichte vorkommt.<br />

2.1 Komplexe Ganzheiten<br />

Begriffsgeschichtlich begründet heißt Komplexität »Verwickeltheit« und ist<br />

ein Gegenbegriff zu Einfachheit. Das frühere englische Wort »simplicity«<br />

leitet sich zum Beispiel von »einmal gefaltet« her, während »Komplexität«<br />

auf das Wort »zusammengeflochten« zurückgeht (Gell-Mann 1994). Aus<br />

einer analytischen Perspektive verweist die einfachste Definition von Komplexität<br />

auf die Anzahl und Vielfalt der konstitutiven Elemente (Entitäten)<br />

sowie die Menge und Vielfalt der Beziehungen zwischen diesen. Im Kern<br />

geht es um die Größe und Ausprägung einer heterogenen Interdependenzstruktur.<br />

Eine Erscheinung ist umso komplexer, je größer und heterogener<br />

die Anzahl ihrer Entitäten und der sie verbindenden Beziehungen sind (La-<br />

Porte 1975). Der Komplexitätsforscher Joseph Tainter schreibt:<br />

Complexity is generally understood to refer to such things as the size of a society,<br />

the number and distinctiveness of its parts, the variety of specialized social roles<br />

that it incorporates, the number of distinct social personalities present, and the<br />

variety of mechanisms for organizing these into a coherent, functioning whole.<br />

Augmenting any of these dimensions increases the complexity of a society.<br />

(1988: 23)<br />

Mit der Varietät und Heterogenität von Mechanismen wird in der Komplexitätstheorie<br />

letztlich auf die Schwierigkeiten abgehoben, Regelmäßigkeiten<br />

in Prozessen systematisch zu erfassen. Je weniger dies gelingt, desto komplexer<br />

ist ein System. Während bei »kontrollierten« Systemen wie Organismen<br />

eine Regelmäßigkeit auf das Wirken eines Steuerungs- und Regelungsmechanismus<br />

zurückgeführt werden kann, ist es bei unkontrollierten<br />

Systemen wie zum Beispiel bei Ökosystemen oder gesellschaftlichen Zusammenhängen<br />

viel schwieriger, solche Regelstrukturen zu entdecken (vgl.<br />

zu dieser Unterscheidung Kuhn 1974 ).<br />

Wie der Physiker Murray Gell-Mann (1994: 69) zeigt, hängt dies nicht<br />

notwendigerweise von der Menge der Elemente und Beziehungen einer Erscheinung<br />

ab. Ein riesiges vollvermaschtes Netzwerk enthält zwar viele Elemente<br />

und Beziehungen, es ist aber durch eine einfache Regel zu erklären –<br />

eben dass jedes Element mit allen übrigen Elementen verknüpft ist. Eine<br />

Zufallskonfiguration, in der nur ein Bruchteil von Knoten und Beziehungen

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