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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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300 V · Erklärung und Verallgemeinerung<br />

technische Zusammenhänge. Zwar besitzen menschliche wie maschinelle<br />

Gehirne eine festverdrahtete Grundstruktur (Hardware), und beide haben<br />

veränderbare Programmebenen (Software). Nur der Mensch ist jedoch potenziell<br />

in der Lage, zu reflektieren, wie und warum er handelt. Dies ist<br />

nicht bloße Selbstbeobachtung, sondern mittels dieser Qualität ist er in der<br />

Lage, in seine eigene »Steuerungssoftware« einzugreifen und sich regelrecht<br />

umzuprogrammieren.<br />

Reflexions- und Selbstprogrammierungsfähigkeit unterscheidet den Menschen<br />

von Maschinen und unintelligenten Organismen (Schneider 1992).<br />

Das sind Qualitäten, die menschliche Selbstregulierung erschweren. Zwar<br />

erhöhen Verhaltensoffenheit, Intelligenz und eigener Wille die situative Anpassungsfähigkeit,<br />

sie erschweren jedoch externe Steuerung. Menschliche<br />

Subjekte können nur in Anknüpfung an diese Qualitäten über externe Einflüsse<br />

gesteuert werden. Steuerung mittels Institutionen hebt die Autonomie<br />

des Subjekts nie vollkommen auf. Wäre dies anders, dann gäbe es keine Regelverstöße<br />

und keine Sanktionsprobleme, aber auch keine institutionellen<br />

Innovationen.<br />

Die Probleme einer deduktiven und regelbasierten Erklärung sind im gesellschaftlichen<br />

Bereich daher deutlich größer als in der Natur. Dies heißt<br />

jedoch nicht, dass hier keine Regelmäßigkeiten existieren. Seit der schottischen<br />

Moralphilosophie ist es üblich, zumindest in Institutionen vergleichbare<br />

Regelungsmechanismen zu erkennen. David Hume schrieb:<br />

Die Macht der Gesetze und bestimmter Regierungsformen ist so groß und von<br />

den Launen und Gemütern der Menschen so wenig abhängig, dass sich daraus<br />

manche Folgerungen ziehen lassen, die ebenso verallgemeinerbar sind wie alle,<br />

die uns die mathematischen Wissenschaften liefern. (1741: 8)<br />

Auf Grund des menschlichen Subjektcharakters sind Institutionen jedoch<br />

nur »Verhaltensvorschläge«, an die sich Individuen nicht notwendig halten<br />

müssen. Regeln können – unter bestimmten Kosten! – übertreten und unter<br />

bestimmten Bedingungen auch verändert werden. Selbst Gewohnheiten,<br />

Routinen und andere »unbewusste« Institutionen sind nicht vor Regelverstoß<br />

geschützt. Neue Situationen können Individuen veranlassen, die Unangemessenheit<br />

tradierter Routinen zu reflektieren und alte Gewohnheiten abzulegen.

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