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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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248 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

Die deutsche Bundesratskonstruktion ist im Ausland – und 1949 auch<br />

von den alliierten Besatzungsmächten – als historisches Relikt der Bismarck-Tradition<br />

eines Fürsten-Bundes stark beargwöhnt worden. Diese Einrichtung<br />

erwies sich als gutes Beispiel <strong>für</strong> »pfadabhängige Entwicklungen«,<br />

die nicht korrigierbar sind, selbst wenn die Effizienz einer solchen Einrichtung<br />

zunehmend in Frage gestellt wird (Lehmbruch 2000: 78f.).<br />

Ein logisch-konstitutionelles Denken mag die De-jure-Asymmetrien beklagen.<br />

Sie waren aber von Kanada bis Spanien unvermeidlich, um die Einheit<br />

zu erhalten. Nur in Ländern mit einer starken Hegemonie der dominanten<br />

Ethnie, wie in Russland, konnte man es sich leisten, den peripheren Gebieten<br />

Rechte zu geben und wieder zu entziehen, wenn es der Zentrale opportun<br />

schien.<br />

e) Zu den rechtlich angelegten Asymmetrien gehört die Frage, ob der Bund<br />

eine eigene Verwaltung besitzt. Die meisten Bundesstaaten – mit Ausnahme<br />

der Bundesrepublik – lassen Gesetzgebung und Ausführung möglichst in einer<br />

Hand. Deutschland bürdet die Durchführung der Gesetze und die Kosten<br />

in den meisten Politikfeldern den Ländern auf. Die Folge ist eine Zentralisierung<br />

des Entscheidungsprozesses. In der Schweiz entstand eine Mischform<br />

zwischen dezentralisierten Modellen wie in den USA und einem System<br />

funktionaler Aufgabenteilung (Rentzsch 2000: 54). Wo Länder oder<br />

Kantone die Implementation tragen, haben größere Einheiten größere Diskretion.<br />

In Deutschland haben Länder wie Hessen einzelne Regulierungen<br />

des Wohnungsbaugesetzes der Ära Adenauer nicht durchgeführt, und Bayern<br />

hat sich gelegentlich gegenüber der Gesetzgebung der sozial-liberalen<br />

Koalition »revanchiert« (vgl. von Beyme 1997: 313ff.). Die kleineren und<br />

ärmeren Gebietseinheiten haben andererseits höhere Anrechte auf fiskalische<br />

Hilfen. Wie man an den USA und selbst der Schweiz nachweisen<br />

konnte, haben schwache Einheiten oft zu geringe Planungskapazität, um den<br />

ihnen zukommenen Anteil an Bundessubsidien zu mobilisieren (Armingeon<br />

2000: 115). Die Asymmetrien können sich somit verstärken, wenn De-jureund<br />

De-facto-Asymmetrien in unglücklicher Weise zusammenwirken. Umgekehrt<br />

hat der Bund geringe Steuerungsmöglichkeit mit einer Politik der<br />

»goldenen Zügel«, wenn die Verfassung die Kompetenzen zwischen Bund<br />

und Gliedstaaten sehr detailliert regelt. Eine fiskalisch orientierte »legislative<br />

Theorie« des »Rational-Choice«-Denkens geht davon aus, dass die Einheiten<br />

durch die Konstruktion des fiskalischen Föderalismus geradezu einen<br />

Anreiz erhalten, falsche Entscheidungen zu treffen (Peterson 1995: 39).

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