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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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Benz · Konstruktive Vetospieler in Mehrebenensystemen 207<br />

litikverflechtung sind die kooperierenden Regierungen ebenso wie die Parlamente<br />

in dieser Position. Die Art und Weise, in der sie ihre Vetomacht<br />

nutzen, entscheidet über die Effektivität und die demokratische Legitimation<br />

des Regierens. Grundsätzlich ist zu vermuten, dass allein die Vermehrung<br />

von Vetopositionen die Entscheidungsfähigkeit in der Politikverflechtung<br />

verringert sowie innovative Reformpolitik stark erschwert. Zudem wird oft<br />

behauptet, effektive Entscheidungen seien nur möglich, wenn sie unter den<br />

Regierungen ausgehandelt werden und Parlamente nur noch formal zustimmen,<br />

aber nicht wirksam beteiligt sind. Die reale Vetomacht konzentriere<br />

sich daher auf die Exekutive, die jedoch ohne parlamentarische Beteiligung<br />

und Kontrolle nicht hinreichend legitimiert sei. Beide Thesen werden in den<br />

Diskussionen über die Verfassung des deutschen Bundesstaats wie auch<br />

über die Verfassung der EU vertreten, die deshalb, jedenfalls nach einer in<br />

der Öffentlichkeit verbreiteten Auffassung, als wenig effektiv und wenig<br />

demokratisch gelten.<br />

Ich will in den folgenden Ausführungen zeigen, dass diese Einschätzungen<br />

der Politikverflechtung nicht überzeugen, zumindest nicht generalisierbar<br />

sind, weil Akteure ihre Vetomacht strategisch einsetzen und dabei potenzielle<br />

Folgen berücksichtigen. Regierungen wenden in intergouvernementalen<br />

Verhandlungen blockadelösende Strategien an, welche die Steuerungs- und<br />

Innovationsfähigkeit reduzieren können, aber nicht müssen. Parlamentsmehrheiten<br />

können durch strenge Kontrollen ihrer Regierungen Blockadesituationen<br />

herbeiführen, aber sie berücksichtigen diese negativen Auswirkungen<br />

eines externen Eingriffs in intergouvernementale Verhandlungen und passen<br />

ihre Kontrollstrategien an.<br />

Für eine Theorie des Mehrebenensystems ist es entscheidend, den strategischen<br />

Umgang der Akteure mit Vetomacht zu berücksichtigen, ein Aspekt,<br />

der in der neuerdings populären Vetospieler-Theorie (Tsebelis 1995) vernachlässigt<br />

wird. Es stellt sich dann die Frage, unter welchen Bedingungen<br />

diese Strategien zur Effektivität und Legitimationssicherung der Politik beitragen<br />

und unter welchen Bedingungen dies nicht der Fall ist. Wir müssen<br />

also ermitteln, wann Vetospieler konstruktive und wann sie destruktive Politik<br />

betreiben. Ich will nach einem kurzen Resümee der Vetospieler-Theorie<br />

und der Theorie der Politikverflechtung die besonderen Schwierigkeiten<br />

darstellen, welche Akteure in der Politikverflechtung bewältigen müssen. In<br />

den weiteren Abschnitten will ich die Strategien beschreiben, welche die<br />

Vetospieler in der Politikverflechtung anwenden. Abschließen werde ich mit<br />

Überlegungen zur Frage, unter welchen Bedingungen mit »konstruktiven«<br />

Strategien von Vetospielern zu rechnen ist.

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