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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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266 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

angewiesen, die von den gesellschaftlichen Organisationen zur Verfügung<br />

gestellt wurden. 5<br />

Weil die aus solcher Ressourcenabhängigkeit resultierenden Verflechtungen<br />

zwischen den Verwaltungen der Einzelstaaten und den gesellschaftlichen<br />

Interessen und Großorganisationen sich schon vor der Entstehung des<br />

Nationalstaates ausgebildet hatten, stärkten sie dann natürlich auch das Eigengewicht<br />

vor allem der Mittelstaaten in der Reichsgründungsphase. Und<br />

Bismarcks Verfassungskonstruktion garantierte nicht nur die engere Organisationsdomäne<br />

der Länderverwaltungen, sondern sie ließ damit zugleich die<br />

regionalen Politiknetzwerke intakt weiter funktionieren. Denn da im System<br />

des Exekutivföderalismus den Länderverwaltungen nicht nur eigene autonome<br />

Rechtssetzungskompetenzen verblieben, sondern auch die Implementation<br />

eines großen Teiles der Reichsgesetzgebung zufiel, blieben die Länder<br />

und die subnationale Organisationsebene weiterhin aufeinander angewiesen.<br />

6 Und als dann im Zuge des Ausbaus des neuen Nationalstaates neue<br />

Beziehungen der Ressourcenabhängigkeit zwischen dem nationalen Zentrum<br />

und gesellschaftlichen Interessen entstanden – insbesondere in der Zollpolitik<br />

–, bedeutete das keineswegs, dass dadurch jene älteren, subnationalen<br />

Strukturen verdrängt wurden.<br />

Eine zweite wichtige Phase gesellschaftlicher Organisationsentwicklung<br />

durch staatliche, von Ressourcenabhängigkeit geleiteter Intervention begann<br />

mit dem Ersten Weltkrieg, genauer: mit der Organisation der Kriegswirtschaft,<br />

und sie kulminierte dann in der »Gleichschaltung« des Verbandwesens<br />

durch den Nationalsozialismus. Charakteristisch <strong>für</strong> diese Phase war<br />

vor allem die Ausbildung von starken Repräsentationsmonopolen und in bestimmten<br />

Feldern ein starker Unitarisierungsschub. In wichtigen Sektoren<br />

hat diese Phase trotz der Diskreditierung des nationalsozialistischen Regimes<br />

markante Spuren in den Organisationsnetzwerken hinterlassen. Denn<br />

nicht nur staatliche Institutionen, sondern auch monopolistische Strukturen,<br />

Verwaltungsorganismus; denn die Zwecke müssen Zwecke des Staates sein, und werden<br />

sogar regelmäßig schon durch die Gesetzgebung festgesetzt, und die Organisation selbst<br />

muss sich regelmäßig der Regierung und Verwaltung unterordnen. Das Vereinswesen bildet<br />

auf diese Weise das letzte, freieste, aber auch zufälligste Glied der vollziehenden Gewalt,<br />

ein selbständiger eigentümlicher Organismus, dessen hohe Bedeutung in dem Grade<br />

<strong>für</strong> die Verwaltung steigt, in welchem die freie selbständige Einzelpersönlichkeit von der<br />

Staatsgewalt auch in der Verfassung anerkannt wird«.<br />

5 Für das landwirtschaftliche Verbandswesen habe ich das anderwärts gezeigt (Lehmbruch<br />

1999b).<br />

6 Diesen Zusammenhang zwischen der Mehrebenenstruktur des Staates und der Verbändeorganisation<br />

hat Renate Mayntz (1990) besonders hervorgehoben.

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