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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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260 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

zenstein 1987: 26–27, 126), den Bauernverband (Katzenstein 1987: 28–29)<br />

oder auch die Organisationen des Gesundheitswesens (Katzenstein 1987: 173).<br />

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich freilich, dass weder Shonfield noch<br />

Katzenstein den Begriff der »Zentralisierung« im strengen Sinne einer hierarchischen<br />

Befehlskette verstanden. Vielmehr hatten sie die »concentration<br />

of private power in large social groups« im Auge (Katzenstein 1987: 15).<br />

Wurde »Zentralisierung« so weit gefasst, dann konnten auch die Rolle der<br />

privaten Großbanken in den wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen (Shonfield<br />

1968: 292–300; Katzenstein 1982: 201) oder die »mächtigen Kirchen«<br />

(Katzenstein 1982: 201) als Beispiele <strong>für</strong> die »centralization of power in the<br />

private sector« angeführt werden.<br />

Vor allem die Kontroversen über die Probleme von Operationalisierung<br />

und Begriffsbildung im internationalen Vergleich von Systemen der Arbeitsbeziehungen<br />

haben aber zunehmend deutlich gemacht, dass sich die<br />

deutschen Großorganisationen nicht umstandslos in ein einfaches Zentralisierungs-Dezentralisierungsschema<br />

einordnen lassen. Frühe quantitativ vergleichende<br />

Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Korporatismus<br />

und der Vermittlung der organisierten Interessen auf dem Arbeitsmarkt<br />

waren ja mit verschiedenen Indikatoren zu dem Ergebnis gekommen, dass<br />

sowohl die Organisation der deutschen Gewerkschaften als auch das System<br />

der Arbeitsbeziehungen bestenfalls einen mittleren Zentralisierungsgrad<br />

aufweisen, der deutlich hinter der hohen Zentralisierung der Arbeitsmarktorganisationen<br />

in den skandinavischen Staaten oder Österreich liegt (Cameron<br />

1984: 165; Calmfors/Driffill 1988: 52ff.). Die hier ansetzende Kritik<br />

hat dann herausgearbeitet, dass es unterschiedliche funktionale Äquivalente<br />

zu organisatorischer Zentralisierung geben kann, so dass es geboten erscheint,<br />

zwischen schlichter Zentralisierung und Koordinierung zu unterscheiden<br />

(Soskice 1990; Hall/Franzese 1998; Soskice 1999; Traxler/Kittel 2000).<br />

Und wenn man im Lichte dieser Diskussion noch einmal Shonfields Klassiker<br />

zur Hand nimmt, dann wird man feststellen, dass es schon hier eher um<br />

Koordinierung als um »Zentralisierung« ging (Shonfield 1968: 300, 305).<br />

Ähnlich ambivalent ist der Befund auch bei anderen gesellschaftlichen<br />

Großorganisationen. Im Präsidium des Deutschen Bauernverbandes (DBV)<br />

liegt seit seiner Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg das entscheidende<br />

Gewicht bei den Präsidenten der Landesbauernverbände (Ackermann 1970:<br />

31–35), und deren Verwaltungsapparate sind an Ressourcen der DBV-<br />

Zentrale zum Teil deutlich überlegen (Weber 1977: 124). Desgleichen ließ<br />

sich die Einheit des deutschen Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

nur in strikt föderativer Form realisieren (Mehlhausen 1999). Und die Zu-

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