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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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214 III · Die Handlungsfähigkeit der Demokratie<br />

zessverläufe sowie Ergebnisse reagieren. Die Stellung der Akteure im Entscheidungssystem<br />

beeinflusst auch ihre Interaktionsorientierungen: Interne<br />

Vetospieler verfolgen ihre eigenen Interessen, aber sie müssen, wenn sie<br />

ernsthaft an einem Verhandlungsergebnis interessiert sind, auch die Interessen<br />

ihrer Verhandlungspartner berücksichtigen. Die egoistische Verfolgung<br />

ihrer Ziele sowie das Interesse an einer von allen oder von einer Mehrheit<br />

der Beteiligten akzeptierten Problemlösung verbinden sich bei ihnen zu<br />

»mixed motives«. Im Unterschied hierzu sind externe Vetospieler ausschließlich<br />

auf die Verwirklichung ihrer eigenen Interessen aus. Die entsprechenden<br />

Orientierungen der Akteure in Parlamenten werden durch den<br />

Wettbewerb der Parteien um Wählerstimmen noch verstärkt.<br />

3 Dilemmata kollektiven Handelns in der<br />

Politikverflechtung<br />

Die Entscheidungsstruktur, auf die ich mich konzentriere, wird durch das<br />

Zusammenwirken interner und externer Vetospieler gebildet. Extern agieren<br />

die Parlamente, welche die Verhandlungspositionen ihrer Regierungen mitbestimmen<br />

und Entscheidungsergebnisse nachträglich kontrollieren können,<br />

aber sie sind nicht an den intergouvernementalen Verhandlungsprozessen<br />

beteiligt. Interne Vetospieler sind die Regierungen, welche in Verhandlungen<br />

eine Einigung erzielen müssen. Sofern formal mit Mehrheit entschieden<br />

werden kann, ist die Vetomacht einer einzelnen Regierung deutlich schwächer<br />

als unter der Voraussetzung einstimmiger Entscheidungen, aber innerhalb<br />

einer Mehrheitskoalition verfügt jede der daran beteiligten Regierungen<br />

über eine Vetoposition.<br />

Die Vetomacht von Parlamenten ist meistens nicht explizit festgelegt,<br />

und nicht selten wird sie ihnen abgesprochen. Im deutschen Regierungssystem<br />

etwa wirken die Landesregierungen im Bundesrat nach allgemeiner<br />

Auffassung mit einem freien Mandat an der Gesetzgebung des Bundes mit<br />

und sind daher nicht an Stellungnahmen ihrer Landesparlamente gebunden.<br />

Auch in der EU können die meisten Parlamente der Mitgliedstaaten keine<br />

bindenden Mandate formulieren und sie können nur in bestimmten Entscheidungen<br />

ein formales Vetorecht bei der Ratifizierung von Vertragsänderungen<br />

ausüben. Nach der Grundnorm eines parlamentarischen Systems ist<br />

aber eine Regierung an den Willen der Parlamentsmehrheit gebunden. Entspricht<br />

sie diesem Willen nicht, so kann ihr das Misstrauen ausgesprochen

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