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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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von Beyme · Die Asymmetrisierung des postmodernen Föderalismus 255<br />

sen wie einst die »alten Regionalisten«. Sie stellen nicht mehr eine agrarische<br />

Oligarchie da, sondern sind hochmobile und gebildete urbane Kapitalisten.<br />

Die vergleichende Systemforschung hat zudem den Vorteil, dass sie föderalistische<br />

mit angeblich zentralisierten Systemen vergleicht. Die erste<br />

Entdeckung dabei war, dass nichtbundesstaatliche Systeme stark dezentralisiert<br />

sein können. Skandinavien hat diesen Weg in den letzten Jahren beschritten.<br />

Die sozioökonomische Performanz war am besten bei den föderalen<br />

Staaten, welche zugleich dezentralisiert waren (Keman 2000: 223).<br />

Föderalismus und Zentralismus werden nicht mehr als ontologische Einheiten<br />

konfrontiert, sondern sind Pole auf einer Skala von Übergängen im Dezentralisierungsgrad.<br />

Zudem sollten die territorial angelegten Entscheidungsfindungsmechanismen<br />

mit den eher auf funktionale Gruppen zugeschnittenen<br />

Kooperationsmustern verglichen werden, um dem Föderalismus keine<br />

übertriebene Wirkungsmacht zuzuschreiben. Die Performanz erwies sich<br />

nicht auf allen Sektoren in gleicher Weise generalisierbar. Die Inflationsbekämpfung<br />

scheint in föderalen Staaten besser zu funktionieren, weil diese<br />

die Kontrolle einer unabhängigen Bundesbank zu übertragen pflegen (Wachendorfer-Schmidt<br />

2000: 243). Doch einmal werden auch weniger dezentralisierte<br />

Systeme diese Lektion gelernt haben, und wo noch Defizite zu erkennen<br />

sind, hilft die Europäische Union auch den Zentralisten, ihre Lektion<br />

nachzuholen.<br />

Verallgemeinerungen über die Wirkung des Föderalismus auf den Policy-<br />

Output erwiesen sich auch als vergleichsweise problematisch. Bundesstaaten<br />

scheinen niedrigere Inflationsraten zu besitzen. Die »Do-parties-matter«-Literatur<br />

aber relativiert solche Aussagen immer wieder nach den Perioden der<br />

Vorherrschaft einzelner ideologischer Parteigruppen. In den USA hat der Föderalismus<br />

zentrale Regulierungen in der Sozialpolitik weitgehend verhindert,<br />

in Kanada hat er diese eher gefördert (Wachendorfer-Schmidt 2000: 4).<br />

Symmetrie im Föderalismus schien einst eine Forderung der kleineren<br />

und schwächeren Einheiten. Angesichts der Privilegien, welche die Asymmetrisierung<br />

des Föderalismus <strong>für</strong> die ethnischen Sonderheiten schuf, gibt<br />

es in einigen Bundesstaaten wie Spanien oder Kanada auch die Gegenbewegung<br />

der größeren Einheiten, die wieder mehr Symmetrie herstellen möchten.<br />

Die Asymmetrisierung des Föderalismus im Zeitalter der Globalisierung<br />

der Ökonomie und der Reethnisierung mancher Staaten muss daher<br />

nicht das letzte Wort der Geschichte bleiben.

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