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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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222 III · Die Handlungsfähigkeit der Demokratie<br />

lung (»issue linkage«) erweitert werden kann. In intergouvernementalen<br />

Verhandlungen in Bundesstaaten, die Strukturen der Politikverflechtung<br />

ausgebildet haben, sind diese Strategien ebenfalls üblich (zu Kanada:<br />

Painter 1991).<br />

– Eine weitere Variante institutioneller Veränderung, welche zur Überwindung<br />

drohender Blockaden beiträgt, besteht in der Einrichtung von Parallelinstitutionen,<br />

welche nicht durch die Interessenkonflikte zwischen<br />

Regierungen belastet sind, weil in ihnen fachliche Erwägungen im Vordergrund<br />

stehen. Im Unterschied zum »level shifting« wird hier das Verhandlungsthema<br />

nicht neu definiert, sondern man nutzt im vorhandenen<br />

Aufgabenfeld vorhandene Institutionen, die formal nicht <strong>für</strong> die Entscheidung<br />

zuständig sind, aber Entscheidungsvorschläge erarbeiten können.<br />

Ein Beispiel hier<strong>für</strong> ist der Wissenschaftsrat, welcher Bund-Länder-<br />

Verhandlungen in der Bildungs- und Forschungspolitik vorbereitet.<br />

Wenngleich seine fachlich begründeten Empfehlungen nicht selten den<br />

Interessen der Wissenschaftspolitik des Bundes und der Länder widersprechen<br />

(Kaase 1999), so fördert er doch in einem durch ideologische<br />

Auseinandersetzungen und Verteilungsinteressen belasteten Politikfeld<br />

die Entscheidungsfähigkeit im deutschen Verbundföderalismus. Im deutschen<br />

Bundesstaat fungieren auch die Parteien als konfliktentlastende<br />

und konfliktregelnde Parallelinstitutionen, weil bei der Festlegung der<br />

Parteilinie Bundes- und Länderinteressen ausgeglichen werden müssen.<br />

In der EU sind in diesem Zusammenhang besonders der Ausschuss der<br />

ständigen Vertreter sowie die Fachausschüsse des Rates zu nennen, in<br />

denen nach Schätzungen ca. 70 Prozent der Vereinbarungen getroffen<br />

werden, die der Rat nur noch ratifiziert (Hix 1999: 68).<br />

– Durch die Nutzung von »Opting-out«-Klauseln bei Vereinbarungen<br />

kommt es ebenfalls zu einer Änderung des institutionellen Kontexts,<br />

denn damit wird die Reichweite einer Regelung eingeschränkt. Solche<br />

Auswege aus der Blockade werden besonders dann genutzt, wenn drohende<br />

Vetos von Parlamenten einer Regierung keinen Verhandlungsspielraum<br />

lassen, extern erzwungener Widerstand kurzfristig in Verhandlungen<br />

nicht überwunden werden kann und ein Veto einer Regierung nur<br />

durch bilaterale Sondervereinbarungen zu vermeiden ist. Wie sich am<br />

Beispiel der EU erkennen lässt, kann diese Strategie zu einer dauerhaften<br />

Veränderung der Mehrebenenverflechtung führen. Die Tatsache, dass in<br />

der EU Fortschritte der Integration häufig nur zu Stande kamen, weil<br />

einzelnen Staaten ein »Opting-out«-Recht zugestanden wurde, führte

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