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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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280 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

und Arbeitskonflikte stärker zu steuern. Dabei kam ihr zugute, dass die IG<br />

Metall als Organisation schon deutlich stärker zentralisiert war als ihr Kontrahent<br />

auf der Arbeitgeberseite. Zwar gibt es »residuale föderative Organisationsformen«,<br />

aber die Bezirke werden von hauptamtlichen Funktionären<br />

geführt, die von der Zentrale eingesetzt werden, und können keine selbständigen<br />

Entscheidungen ohne zumindest stillschweigende Zustimmung des<br />

Bundesvorstandes treffen (Noé 1970: 117; Armingeon 1988: 53–54).<br />

Dagegen ist der Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände<br />

(kurz: Gesamtmetall) an sich nur eine »Zentrale von Honoratioren«,<br />

die die Verbandsführungen der Regionalverbände bündelt. Hier spiegeln<br />

sich in der Organisationsstruktur der metallindustriellen Arbeitgeberverbände<br />

Merkmale wieder, die schon bei den industriellen Branchenverbänden<br />

beobachtet werden konnten. Allerdings hat man auch in dieser stärker dezentralisierten<br />

Organisationsform Erfahrungen mit Koordinierung, die bis zu<br />

den Arbeitskämpfen des späten 19. Jahrhunderts zurückreichen. Und Gesamtmetall<br />

ist zu einem eigenständigen Faktor geworden, seitdem die regionalen<br />

Verbände dazu übergingen, möglichst auf Bundesebene zu verhandeln, um<br />

eine »Aufspaltung« der Arbeitgeber durch regional unterschiedliche Zugeständnisse<br />

zu verhindern. Diese Strategie wurde 1962 vom »Tarifpolitischen<br />

Ausschuss« von Gesamtmetall eingeleitet, als er beschloss, alle regionalen<br />

Tarifverträge mit der IG Metall zu kündigen und zentrale Verhandlungen<br />

anzustreben (Noé 1970: 133, 188–193, 251). Wenn die Gewerkschaft solche<br />

zentralen Verhandlungen verweigerte, verhandelte Gesamtmetall entweder<br />

auf Grund einer Vollmacht oder bestellte <strong>für</strong> die regionalen Tarifverhandlungen<br />

eine »Kernkommission«, die zusammen mit dem regionalen Arbeitgeberverband<br />

die Verhandlungskommission bildete (Weitbrecht 1969: 52). 23<br />

An der Entwicklung zur koordinierten Tarifpolitik hatten also beide Seiten<br />

ihren Anteil. Die Chronologie dieses Prozesses, der mit dem Bremer Arbeitszeitabkommen<br />

von 1956 einsetzte, soll hier nicht im Einzelnen erörtert<br />

werden. 24 Zeitweise wurden die Verhandlungen in der Metallindustrie auch<br />

formell zentral geführt; inzwischen herrscht wieder die territoriale Koordinierung<br />

durch das System der »Pilotabschlüsse« vor. 25 Erklärungsbedürftig<br />

23 Es hat trotz dieser Koordinierungsmechanismen in einigen Fällen spektakuläre Alleingänge<br />

regionaler Arbeitgeberverbände gegeben. Diese Regionalverbände werden ja im Allgemeinen<br />

von selbständigen Unternehmern ehrenamtlich geführt, die von der Verbandszentrale<br />

letzten Endes nicht abhängig sind.<br />

24 Vgl. dazu Bergmann et al. (1975: 189–191) und jetzt Manow (2001, 2002: 150–188).<br />

25 Es spricht manches da<strong>für</strong>, dass diese sektorale Koordinierung durch eine informelle Koordinierung<br />

zwischen Industriegewerkschaften ergänzt wird, die von den »Lohnführern« im

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