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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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278 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

ner entwickelten das Konzept einer »Deutschen Gewerkschaft« mit Zwangsmitgliedschaft<br />

und stark korporatistischen Zügen (Borsdorf 1984: 301–303).<br />

In der schwedischen Emigration hatte der frühere Holzarbeiterführer <strong>Fritz</strong><br />

Tarnow schon 1935 die »Zurückführung der Arbeitsfront auf den Charakter<br />

einer gewerkschaftlichen Arbeitnehmervereinigung« gefordert, die durch<br />

Beibehaltung ihres »Monopolrechts auf dem Arbeitsmarkt« einen »indirekten<br />

Organisationszwang« ausüben sollte. Eine demokratisierte »Deutsche<br />

Arbeitsfront« schwebte nach Kriegsende auch dem späteren ersten DGB-<br />

Vorsitzenden Hans Böckler vor, die damit alle Arbeitnehmer in einer einzigen,<br />

zentral geführten und nur in industrielle Fachgruppen untergliederten<br />

Gewerkschaft zusammenfassen wollten, womöglich mit Zwangsmitgliedschaft.<br />

Die Zentrale hätte dabei über die entscheidende Machtposition und<br />

insbesondere über die »Tarifhoheit« verfügt. Eine solche gewerkschaftliche<br />

Zentralisierung wurde indes nicht nur – wie dies mitunter zu lesen ist – von<br />

den Besatzungsmächten verhindert, sie stieß vor allem auch auf starke Widerstände<br />

innerhalb wichtiger, teilweise aus der Emigration zurückgekehrter<br />

gewerkschaftlicher Führungsgruppen. 19 Stattdessen setzte sich das System<br />

der Industriegewerkschaften durch, die jeweils <strong>für</strong> den von ihnen vertretenen<br />

Sektor über die Tarifhoheit verfügen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) als gewerkschaftlicher Dachverband blieb infolgedessen schwach<br />

(Armingeon 1988: 38–48). 20 Auf der Ebene der Industriegewerkschaften aber<br />

wurde der alte Zentralisierungsgrad allmählich wieder erreicht und auch gesteigert.<br />

21 Was nicht wieder kam, war bekanntlich die Differenzierung in<br />

Richtungsgewerkschaften, die früher in der Gewerkschaftsbewegung die<br />

kulturelle Versäulung der deutschen Gesellschaft widergespiegelt hatte und<br />

insofern der Fragmentierung der landwirtschaftlichen Organisationen entsprach.<br />

19 Zu diesen Auseinandersetzungen vgl. Kolb (1983: 13–15), Borsdorf (1984), Mielke/Rütters<br />

(1995), Jacoby (2000: 58–69).<br />

20 Wenn der DGB heute als »Einheitsgewerkschaft« bezeichnet wird, bezieht sich das nur<br />

noch darauf, dass er an die Stelle der früheren rivalisierenden »Richtungsgewerkschaften«<br />

getreten ist.<br />

21 »Nach dem Krieg sind die Verbände stärker dezentralisiert als vor ihrer Zerschlagung. In<br />

der organisatorischen Wiederaufbauphase beginnt eine Zentralisierung, die um 1960 abgeschlossen<br />

wird. Zu dieser Zeit haben die Verbände wieder ihr ursprüngliches Zentralisierungsniveau<br />

erreicht. Von nun an steigern sie in begrenztem Maße ihren Zentralisationsgrad«<br />

(Armingeon 1988: 68).

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