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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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270 IV · Föderalismus und Unitarismus<br />

politik auch in der Bundesrepublik relativ früh gegeben. Vielmehr war der<br />

»politische Raum« der Industriepolitik seit jeher von den Ländern besetzt<br />

(vgl. auch Allen 1989: 151–157; Herrigel 1996: 115–121). 10<br />

Diese Entwicklung fand auch in der Verbandsorganisation der Industrie<br />

ihren Niederschlag (zum folgenden vgl. Ullmann 1988: 22–31, 58–67). Wie<br />

bei der Landwirtschaft wurden auch bei der Industrie in einer Frühphase<br />

Verbandsgründungen vor allem vom Staat gefördert, sei es durch direkte<br />

staatliche Initiative, wie bei den Handelskammern, sei es durch öffentliche<br />

Förderung. Aber »der Staat« waren damals natürlich wiederum die Gliedstaaten<br />

des Deutschen Bundes, und als seit der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

dann auch freie Verbände entstanden, war ihr jeweiliger Handlungsraum<br />

gleichfalls zunächst vor allem auf der Ebene des Gliedstaates lokalisiert.<br />

Denn ihre Einflussadressaten waren wiederum die Regierungen – und zunehmend<br />

die Parlamente – dieser Einzelstaaten.<br />

Bei der Entstehung nationaler Spitzenverbände der Industrie gibt es wieder<br />

deutliche Parallelen zur Landwirtschaft. In beiden Fällen war die Außenhandelspolitik<br />

der Auslöser. Ein erster, kurzlebiger Wirtschaftsverband<br />

mit nationalem Fokus war der »Deutsche Handels- und Gewerbsverein«, der<br />

bald nach dem Ende der napoleonischen Ära entstand und einen durch<br />

Schutzzölle abgeschirmten deutschen Binnenmarkt forderte. Gewichtiger<br />

wurden die Verbände der Freihändler, die schon vor der Gründung des<br />

Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches entstanden waren und zu<br />

den frühen Propagandisten der Unitarisierung gehörten. Protektionistische<br />

Industrielle – wie beispielsweise die württembergische Textilindustrie –<br />

fanden sich zu jener Zeit eher bei den Gegnern der preußisch geführten Einheitsbewegung.<br />

Nach der Reichsgründung aber drängte sich <strong>für</strong> die protektionistischen<br />

Kräfte der Zusammenschluss in Spitzenverbänden auf nationaler<br />

Ebene auf (wie auch im Falle des Bundes der Landwirte); dies war also<br />

eine zweite, gleichsam gegenläufige Welle von Verbandsgründungen.<br />

Der Centralverband Deutscher Industrieller zur Beförderung und Wahrung<br />

nationaler Arbeit (CVDI) wurde 1876 ins Leben gerufen, um einen Kurswechsel<br />

vom Freihandel zur Schutzzollpolitik zu erreichen. Darin war er so<br />

erfolgreich, dass sich 1895 ein Teil der freihandelsorientierten Branchen zu<br />

einem konkurrierenden Spitzenverband, dem Bund der Industriellen (BdI),<br />

zusammenschloss.<br />

10 Die Industriepolitik der Länder seit den 1970er-Jahren lässt sich folglich als Wiederaufnahme<br />

eines eingeübten strategischen Repertoires nach dem Ende der keynesianischen<br />

»Globalsteuerung« interpretieren.

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