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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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158 III · Die Handlungsfähigkeit der Demokratie<br />

Schnabel 1976; <strong>Scharpf</strong> 1985b). Bemerkenswert sind auch die Erträge von<br />

Studien zur Arbeitsmarktpolitik, welche die erwähnten Mängel unterstreichen<br />

(<strong>Scharpf</strong> 1987: 297ff.), und von Analysen des politisch-ökonomischen<br />

Krisenmanagements in Westeuropa nach dem ersten und dem zweiten Ölpreisschock<br />

von 1973 beziehungsweise 1981 (<strong>Scharpf</strong> 1987), die auf politische<br />

Steuerungsdefizite und -vorteile der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik<br />

hier zu Lande aufmerksam machen. Wichtig ist ferner die Theorie<br />

der Verhandlungssysteme (<strong>Scharpf</strong> 1988a, 1992b) und die Lehre der »Verhandlungsdemokratie«<br />

8 . Nicht zu vergessen ist die Europaforschung – worauf<br />

weiter unten zurückzukommen sein wird.<br />

In diesen Werken baut <strong>Fritz</strong> W. <strong>Scharpf</strong> die komplexe Demokratietheorie<br />

aus, nunmehr geprägt durch die Sensibilität <strong>für</strong> die Möglichkeiten und die<br />

engen Grenzen politischer Steuerung, gehärtet durch den wissenschaftlichen<br />

Streit mit dem Steuerungsagnostizismus in Luhmanns Systemtheorie (Luhmann<br />

1989; <strong>Scharpf</strong> 1989) und mit geschärftem Blick <strong>für</strong> die Unterscheidung<br />

der Verhandlungs- von der Mehrheitsdemokratie. In der Mehrheitsdemokratie<br />

dominiert das Mehrheitsprinzip. Dort hat eine legitimierte zentralstaatliche<br />

Regierung, Schweden und Großbritannien sind Beispiele, meist<br />

erheblich größere Gestaltungschancen als die Regierung in einer »Verhandlungsdemokratie«<br />

(<strong>Scharpf</strong> 1993a). Denn in der Verhandlungsdemokratie<br />

koexistieren verschiedene, sich teilweise wechselseitig lähmende Konfliktregelungsmuster:<br />

Konfliktregelung durch Mehrheit, Konfliktmanagement<br />

durch Kompromisssuche und Verhandeln sowie Konfliktregulierung durch<br />

Befehl. Überdies wirken in der Verhandlungsdemokratie meist viele Mitregenten<br />

beim Regieren mit – unter ihnen auch »Vetospieler«. 9<br />

Die neueren Fassungen der komplexen Demokratietheorie erweitern zudem<br />

den Katalog der »Zielvorstellungen« (<strong>Scharpf</strong> 1970: 92), die die Qualität<br />

der Demokratie messen. So treten beispielsweise neben Ziele wie authentische<br />

Partizipation, Offenheit des Willensbildungsprozesses, hohes Wertberücksichtigungspotenzial<br />

und Entscheidungsfähigkeit auch Reformwilligkeit<br />

und -fähigkeit sowie genauere Kriterien zur Bestimmung des Nutzens von<br />

Änderungen des Status quo. Unter ihnen ragt viel heraus: die Offenheit <strong>für</strong><br />

8 Hierzu besonders wichtig <strong>Scharpf</strong> (1993a), ein Beitrag zur Lehmbruch-<strong>Festschrift</strong> (Czada/<br />

Schmidt 1993), der thematisch und inhaltlich zugleich die Wertschätzung ausdrückt, die<br />

<strong>Scharpf</strong> dem Beitrag Gerhard Lehmbruchs zu Themen der nichtmajoritären Konfliktregelung<br />

entgegenbringt.<br />

9 Im Sinne eines Kollektiv- oder Individualakteurs, dessen ausdrückliche Zustimmung die<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> eine Abkehr vom Status quo ist, vgl. Tsebelis (1995).

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