07.01.2013 Aufrufe

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Lehmbruch · Verbändesystem zwischen Unitarismus und Föderalismus 261<br />

sammenarbeit der katholischen Diözesen Deutschlands in der Bischofskonferenz<br />

ist so wenig formalisiert, dass sie nicht einmal als föderativ bezeichnet<br />

werden kann. Gleichwohl werden all diese Großorganisationen in der<br />

Öffentlichkeit oft genug mit ihren bundesweiten Dachorganisationen identifiziert<br />

und als einheitliche korporative Akteure mit einem Repräsentationsmonopol<br />

wahrgenommen. Dies hat offenbar damit zu tun, dass sie Koordinierungstechniken<br />

entwickelt haben, die ihnen ein geschlossenes Auftreten<br />

auf Bundesebene ermöglichen, obwohl sie in der einen oder anderen Form<br />

föderativ aufgebaut sind.<br />

Es zeigt sich damit aber eine eigentümliche Kovariation zwischen der<br />

Organisation der Gesellschaft und der Staatsorganisation, denn sowohl hier<br />

als auch dort können dezentralisierte Strukturen durch Koordinierung gewissermaßen<br />

zu funktionalen Äquivalenten von Zentralisierung werden. Für<br />

den Bundesstaat hat das Konrad Hesse (1962: 21) bekanntlich unter den<br />

Oberbegriff der »Unitarisierung« gebracht. Eine vergleichbare »sachliche<br />

Unitarisierung« im Wege der nicht-hierarchischen Koordinierung beobachten<br />

wir aber auch in Regelungsbereichen, die weitgehend von den gesellschaftlichen<br />

Großorganisationen kontrolliert werden. Besonders deutlich ist<br />

das beim System des Flächentarifvertrags in den Arbeitsbeziehungen. Zumal<br />

die Ausdehnung nicht nur des westdeutschen Modells der Arbeitsbeziehungen,<br />

sondern auch des korporatistischen Gesundheitssystems, die sich<br />

im Prozess der deutschen Vereinigung beobachten ließen (Lehmbruch 1996;<br />

Manow 1994), belegt in frappierender Weise, wie die Koordinierungsmechanismen<br />

gesellschaftlicher Großorganisationen zur »sachlichen Unitarisierung«<br />

erheblich beitragen.<br />

1 Unitarisierung und die Ausbildung von<br />

Repräsentationsmonopolen<br />

Man muss sich in diesem Zusammenhang vor Augen halten, dass der Unitarisierungstrend<br />

keineswegs ein so neuartiges Phänomen ist, wie das in der<br />

Bundesstaatsdiskussion der sechziger und siebziger Jahre gern unterstellt<br />

wurde. 1 Denn in Deutschland hat sich schon im 19. Jahrhundert eine unitarische<br />

politisch-kulturelle Orientierung ausgebildet und allmählich die intellektuelle<br />

Hegemonie errungen, deren zentrale Werte die Rechts- und Wirt-<br />

1 Hierzu und zum Folgenden vgl. Lehmbruch (2001: 68–78).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!