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Festschrift für Fritz W. Scharpf - MPIfG

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304 V · Erklärung und Verallgemeinerung<br />

statistische Daten <strong>für</strong> valide Vergleiche liegen aber nur über relativ wenige<br />

Länder vor. Zeitreihendaten lösen dieses Grundproblem auch nicht.<br />

– Fehlende Distinktheit und Unabhängigkeit der Fälle: Eine Voraussetzung<br />

der Variablen-Analyse ist, dass man mit klar umgrenzten und voneinander<br />

unabhängigen Fällen arbeiten kann, um über kontrollierte Variation<br />

die Beziehung zwischen mindestens zwei Variablen möglichst eindeutig<br />

zu spezifizieren. In interdependenten und hochgradig organisierten sozialen<br />

Zusammenhängen, wie diese bei Policy-Prozessen immer vorliegen,<br />

sind solche Voraussetzungen jedoch nur selten gegeben. Diffusion, Emulation<br />

und Lernen führt oft dazu, dass starke Interferenzen zwischen Policy-Prozessen<br />

entstehen.<br />

– Mangelnde Vergleichbarkeit der Fälle: Wenn man Organisationen (politische<br />

Organisationen, Nationalstaaten, etc.) nicht reduktionistisch als<br />

bloße Ansammlungen von nutzenmaximierenden Individuen, sondern als<br />

eigenständige, strukturierte Handlungseinheiten begreift, dann stellt sich<br />

die Frage, welche dieser Einheiten wirklich vergleichbar sind. Ähnliches<br />

gilt <strong>für</strong> historische Policy-Prozesse, die im Detail immer einzigartig sind<br />

und nur auf hoher Abstraktionsebene gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.<br />

Dies soll nicht heißen, dass es grundsätzliche Unterschiede zwischen der<br />

Policy-Analyse und den anderen Disziplinen der Grundlagenforschung gäbe.<br />

Gemeint ist nur, dass wegen der Anwendungsorientierung und der hohen<br />

Komplexität des Gegenstandes die wissenschaftliche Basisstrategie des Eliminierens<br />

rivalisierender Erklärungen viel schwieriger umzusetzen ist. Donald<br />

Campbell (1984: 32) sieht beispielsweise eine »greater equivocality of<br />

causal inference for research in policy settings« im Vergleich zur reinen<br />

Wissenschaft. Es existierten »many, many more plausible rival hypotheses«<br />

bei deutlich weniger Kontrolle.<br />

3.2 Fallstudien und andere Untersuchungsformen<br />

Die schwierigen Bedingungen <strong>für</strong> Policy-Forschung haben dazu geführt,<br />

dass dort »Fallstudien« dominieren. Diese haben bekanntlich den Vorteil,<br />

dass sie komplexe Zusammenhänge in ihren spezifischen Kontextbedingungen<br />

mit einem hohen Auflösungsgrad beschreiben können und somit die<br />

wesentlichen Aspekte komplexer Zusammenhänge, die weiter oben skizziert<br />

wurden, besser erfassen als Ansätze, die auf rein statistischer Variablen-<br />

Analyse basieren. Ihr Nachteil ist jedoch, dass sie keine oder zumindest nur

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