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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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und der EU geschützt.<br />

3 Territorialautonomie am Werk<br />

Jersey und Guernsey<br />

Guernsey ist ein von der britischen Krone abhängiges<br />

Gebiet wie die Insel Man (engl. crown dependency).<br />

Das Parlament von Guernsey wird direkt gewählt und<br />

erweist seinerseits die 12-köpfige Exekutivrat der Insel.<br />

Gewählt werden die Regierungsmitglieder jedoch von<br />

einem 108-köpfigen Wahlmännergremium, das aus<br />

Politikern und Richtern besteht. Die gesetzgebende<br />

Versammlung von jersey besteht aus 12 Senatoren.<br />

als legitime Regionalsprache gemäß der Europäischen<br />

Charta <strong>für</strong> Regional- und Minderheitensprachen<br />

anerkannt worden.<br />

Das Parlament von Manx, Tynwald genannt, beansprucht<br />

zusammen mit dem isländischen Althing das älteste<br />

kontinuierlich arbeitende Parlament der Welt zu sein,<br />

das angeblich 979 ins Leben gerufen worden ist. Es<br />

besteht aus dem direkt gewählten “House of Keys”<br />

und dem indirekt gewählten “Legislative Council”,<br />

der eigentlich ein Exekutivrat ist. Die Königin wird<br />

auf Man vertreten durch einen Gouverneursleutnant.<br />

Dieser “Vertreter seiner Majestät” hat zwar eher nur<br />

zeremonielle Aufgaben, doch auch das recht, die<br />

Verfassung der Insel abzuändern. Die Rechtsakte<br />

müssen von der Londoner Regierung gegengezeichnet<br />

werden, um in kraft treten zu können. In London ist<br />

ein eigener Kanzler <strong>für</strong> die Angelegenheiten der<br />

Krongebiete zuständig. Einige Rechtsakte der Insel Man<br />

können aber auch direkt vom Gouverneursleutnant<br />

vor Ort gegengezeichnet werden.<br />

Die Insel Man ist formalrechtlich kein Teil des<br />

britischen Staatsgebiets, sondern eine crown<br />

dependency. Großbritannien zuständig <strong>für</strong> die<br />

Verteidigung, Außenpolitik und einige andere Aspekte.<br />

Die Staatszugehörigkeit wird mit britischem Recht<br />

geregelt. Die Insel Man ist nicht Teil der EU, sondern<br />

hat – wie einige andere Inselgruppen, die zu EU-<br />

Mitgliedsländern gehören (Grönland, Färöer) - ein<br />

besonderes Verhältnis zur EU ausgehandelt, das im<br />

Beitrittsvertrag Großbritanniens mit der EU (Art.3)<br />

festgeschrieben ist. Diese Vereinbarung sieht den<br />

freien Warenverkehr zwischen d Insel und dem EU-<br />

Gebiet vor, nicht jedoch von Personen, Kapital und<br />

Dienstleistungen. Somit wird die Insel auf bestimmten<br />

Gebieten von der Konkurrenz aus dem Gesamtstaat<br />

Jersey gehört nicht zum Vereinigten Königreich und ist<br />

nicht vom britischen Parlament abhängig, untersteht<br />

aber wie Guernsey und die Insel Man als Kronbesitz<br />

der britischen Krone und verfügt daher über eine<br />

eigene Gesetzgebung, Verwaltung und ein eigenes,<br />

völlig unabhängiges Steuersystem, das dank niedriger<br />

Steuersätze (Einkommenssteuerhöchstsatz von 20 %)<br />

viele ausländische Investoren anlockt. Jersey gehört<br />

zur Selbstverwaltung Bailiwick of Jersey, neben den<br />

Kanalinseln Minquiers und Ecréhous. Jersey selber<br />

ist seit über 1000 Jahren in 12 Gemeinden (Parishes)<br />

aufgeteilt. Seit einigen Jahren gibt es politische<br />

Parteien auf Jersey, die aber bei Wahlen bisher keine<br />

Rolle spielten, da bei den seither abgehaltenen<br />

Wahlen fast nur unabhängige Kandidaten gewählt<br />

wurden. Seit 2006 hat Jersey eine Ministerialregierung<br />

mit einem Chiefminister an der Spitze. Das „States<br />

of Jersey“ besteht aus 53 gewählten, unabhängigen<br />

Mitgliedern, davon 12 Senatoren und 12 Constables<br />

– aus jedem Parish je einer – und 29 Abgeordneten.<br />

Jersey und Guernsey haben ein eigenes Rechtssystem<br />

und Gesundheitswesen sowie eigene Regelungen zur<br />

Immigration und Ansässigkeit. Keine der beiden Inseln<br />

ist Teil der EU wie die Insel Man.<br />

Obwohl die drei Inseln de-jure der Gesetzgebungshoheit<br />

des britischen Parlaments unterworfen sind, erstreckt<br />

sich die legislative Kompetenz Londons auf die<br />

Verteidigung, Außenpolitik, Zollwesen, Post und Telekommunikation,<br />

Fischerei und zivile Luftfahrt. Die drei<br />

Inseln können die Anwendung von britischen Gesetzen<br />

auf anderen Gebieten verweigern. Die Beziehungen<br />

zwischen den Inseln und dem britischen Parlament<br />

werden durch Tradition und Allgemeines Gesetz (common<br />

Law) geregelt und bleibt Ermessensspielraum.<br />

Die OECD betrachtet die Inseln als Steuerparadies. 165<br />

165 Die britischen “Überseegebiete” wie z.B. Gibraltar, die Bermudas,<br />

die Falkland-Inseln, die Cayman-Inseln, die Jungfern-Inseln,<br />

sind keine Territorialautonomien gemäß der unter 2.10 genannten<br />

Kriterien, zumal die exekutive Gewalt nicht bei frei von der Bevölkerung<br />

gewählten Vertretern liegt, sondern bei von der britischen<br />

Krone ernannten Gouverneuren. In den meisten Fällen hat dieser<br />

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