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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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5 Schlussfolgerungen<br />

sehr hinderlich. Schwache Staaten sind kaum in der<br />

Lage, Territorialautonomie als dauerhafte Lösung <strong>für</strong><br />

ethnische Konflikte mit Teilgebieten zu gewährleisten.<br />

Die früheren territorialen Autonomien Eritreas und des<br />

Südsudans, die beide nach langer militärischer Gewalt<br />

unabhängig geworden sind, haben in dieser Hinsicht<br />

eher abschreckend gewirkt.<br />

Alles in allem fällt die Zwischenbilanz der<br />

Autonomieerfahrungen in Asien nicht so eindeutig<br />

positiv aus teilweise auch deshalb, weil einige<br />

Autonomien erst vor kurzem in Gang gesetzt worden<br />

sind (Bougainville seit 2002, Bougainville seit 2002,<br />

Aceh seit 2006) und teilweise weil in anderen<br />

Regionen die Autonomie Rückschläge erlitten hat<br />

oder nicht korrekt angewandt wird (Muslimisches<br />

Mindanao seit 1996, Westpapua seit 2002). Es muss<br />

daran erinnert werden, dass in einigen Krisenregionen<br />

Territorialautonomien eingerichtet wurden, die von<br />

Beginn an mit eklatanten Mängeln behaftet waren.<br />

In Indien sind mit der Territorialautonomie gemäß dem<br />

6. Anhang der Bundesverfassung schon über 50 Jahre<br />

lang Erfahrungen gesammelt worden. Diese zunächst<br />

nur <strong>für</strong> indigene <strong>Völker</strong> im Nordosten geschaffene<br />

Form von Territorialautonomie ist inzwischen an<br />

ihre Grenzen gestoßen und bedarf dringend einer<br />

Reform. Asien ist vom Westen bis zum fernsten Osten<br />

Schauplatz zahlreicher ethnischer Konflikte, <strong>für</strong> welche<br />

sich Territorialautonomie als Lösungsweg anbieten<br />

würde, wie z.B. einige Regionen von Myanmar/<br />

Burma, die Chittagong Berggebiete in Bangladesh,<br />

die Cordillera-Provinz auf den Philippinen Westpapua<br />

und Irian Jaya in Indonesien, Pattani im Süden von<br />

Thailand, Balutschistan in Iran und Pakistan. 373<br />

einzuschränken oder gar abzuschaffen, im Gegenteil.<br />

Die meisten <strong>Autonomiesysteme</strong> wurden immer wieder<br />

reformiert, um die Reichweite und den Umfang der<br />

Selbstregierung zu verbessern (Katalonien 2006,<br />

Grönland 2009, in Schottland im Gange).<br />

In zwei Fällen ist Territorialautonomie zum Status<br />

von freier Assoziation (Niederländischen Antillen)<br />

bzw. zur staatlichen Unabhängigkeit (Südsudan)<br />

weiterentwickelt worden. Nahezu alle autonomen<br />

Regionen konnten interne Stabilität sichern, einige<br />

jüngere autonome Regionen befinden sich noch<br />

im Aufbau oder im Prozess der Umsetzung ihrer<br />

Statuten (Bougainville, Aceh, Vojvodina). Besonders<br />

nach längeren bewaffneten Konflikten ist dies ein<br />

komplizierter Prozess. Bei einigen <strong>Autonomiesysteme</strong>n<br />

bestehen ernsthafte Probleme in der Durchsetzung,<br />

wobei sorgfältig analysiert werden muss, wo die Gründe<br />

<strong>für</strong> die suboptimalen Ergebnisse liegen. Liegt es an<br />

der Unfähigkeit der politischen Elite der autonomen<br />

Region, die neuen Möglichkeiten fruchtbringend<br />

zu nutzen, oder an der ständigen Einmischung des<br />

Zentralstaats, an der inneren Konfliktdynamik oder<br />

gar an geänderten allgemeinen Rahmenbedingungen?<br />

Weitere Forschung und vergleichende Analysen<br />

anhand empirischer Daten sind angesagt.<br />

Zusammenfassend gesagt können die bisher in<br />

mindestens 20 Ländern mit rund 60 autonomen<br />

Regionen gesammelten Erfahrungen als überwiegend<br />

positiv beurteilt werden. In den meisten Fällen kamen<br />

diese Autonomiearrangements allen Konfliktparteien<br />

zugute: den nationalen Minderheiten oder kleineren<br />

<strong>Völker</strong>n der regionalen Gemeinschaft insgesamt, dem<br />

Zentralstaat und dem Verhältnis mit Nachbarstaaten.<br />

In keinem dieser 20 Staaten mit funktionierenden<br />

<strong>Autonomiesysteme</strong>n gibt es eine größere Debatte<br />

darüber, diese Autonomielösungen wieder<br />

373 Eine Evaluierung von Autonomiebestimmungen innerhalb<br />

von Friedensabkommen versucht Fernand De Varennes, Lessons<br />

in Conflict prevention: A Comparative Examination of the Content<br />

of Peace Accords, in: The Global Review of Ethnopolitics, Vol. 1,<br />

no.3, March 2002, S. 53-59<br />

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