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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

den kanadischen Gerichten im Fall der Verletzung von<br />

individuellen Rechten, die aus der Verfassung und<br />

kanadischen Bundes-gesetzen erwachsen.<br />

Die Übertragung der Vollmachten in den autonomen<br />

Zuständigkeiten von Ottawa an die Regierung Nunavuts<br />

begann im April 1999 und wird voraussichtlich 2008<br />

abgeschlossen sein. Die Region Nunavut wird dann<br />

einen ähnlichen Status und vergleichbare Rechte<br />

wie die übrigen kanadischen Provinzen genießen,<br />

allerdings ergänzt durch eine ganze Reihe wichtiger<br />

Sonderbestimmungen. Seit April 1999 besteht eine<br />

gesetzgebende Instanz, die direkt von den Bürgern<br />

Nunavuts gewählt wird, eine Regierung und eine lokale<br />

Gerichtsbarkeit.<br />

Die Landrechte Nunavuts waren erstmals 1973<br />

von der kanadischen Regierung als rechtmäßig<br />

anerkannt worden und wurden 1982 mit einem<br />

Verfassungsgesetz kodifiziert. Das nachfolgende<br />

Abkommen über Landrechte Nunavuts („Nunavut<br />

Land Claims Agreement“, kodifiziert als Nunavut-<br />

Gesetz) ist ein Teil der kanadischen Verfassung und<br />

damit die Grundlage der Autonomie Nunavuts. Gemäß<br />

diesem Gesetz wird den Inuit die Kontrolle und das<br />

Eigentum von nahezu 80% ihres angestammten Lands<br />

übertragen. Die Rechtstitel zur Oberflächennutzung<br />

und Förderung von Bodenschätzen auf dem restlichen<br />

Gebiet des autonomen Nunavuts verblieben beim<br />

kanadischen Staat. Innerhalb Nunavuts haben dessen<br />

Bewohner das exklusive Fischerei- und Jagdrecht. Von<br />

Kanadas Bundesregierung erhalten die Inuit darüber<br />

hinaus finanzielle Transferleistungen von jährlich über<br />

1 Milliarde kanadischer Dollar. Das Autonomiegesetz<br />

garantiert den Inuit ein Mitbestimmungsrecht bei<br />

Entscheidungen der Bundesregierung, die die Umwelt<br />

und die Nutzung der Ressourcen des autonomen<br />

Gebiets betreffen. Schließlich stehen Nunavut auch<br />

Zuschüsse <strong>für</strong> Sozialprogramme und die lokalen<br />

Institutionen Nunavuts zu.<br />

3.12.2 Das Nunavut-Gesetz<br />

Das 278 Seiten umfassende Nunavut-Landrechtsabkommen,<br />

das als Nunavut-Gesetz Rechtsgrundlage<br />

der Autonomie dieser Region ist, umfasst folgende<br />

wesentlichen Punkte: 219<br />

1. Die Landeigentums- und Nutzungsrechte werden<br />

geklärt: <strong>für</strong> 352.240 km 2 erhielt Nunavut grundbücherliche<br />

Eigentumstitel, die von der Tungavik Inc.<br />

und regionalen Inuitverbänden zum Wohle der Inuit<br />

verwaltet werden. Für ein Gebiet von 36.260 km 2 werden<br />

den Inuit Boden- und Schürfrechte übertragen,<br />

die ebenfalls von der Tungavik Inc. verwaltet werden.<br />

Die kanadische Regierung behält die Rechtstitel <strong>für</strong><br />

die Nutzung von Bodenschätzen im restlichen Gebiet<br />

von Nunavut.<br />

2. Die Beteiligung der Inuit an den Entscheidungen der<br />

Bundesregierung bezüglich der Verwaltung von Land<br />

und Gewässern und dem Umweltschutz im gesamten<br />

Gebiet von Nunavut.<br />

3. Jagd- und Fischereirechte werden den Inuit übertragen.<br />

4. Als finanzielle Kompensation werden 1,14 Kanadische<br />

Dollar jährlich 14 Jahre lang Nunavut überwiesen und<br />

vom Nunavut Trust Fund zum Nutzen der Bewohner<br />

von Nunavut verwaltet. Dieser Treuhandfonds wird<br />

von regionalen Inuit-Organisationen kontrolliert.<br />

5. Die Beteiligung der Inuit an der wirtschaftlichen<br />

Nutzung des Gebiets. Das Abkommen regelt die<br />

Aufteilung der Abgaben, die <strong>für</strong> die Ölförderung und<br />

die Gewinnung anderer Bodenschätze auf dem Gebiet<br />

Nunavuts der kanadischen Regierung geleistet werden<br />

müssen. Vorgesehen ist auch die Schaffung von drei<br />

neuen Nationalparks und das Recht der Inuit, mit<br />

eigenen Unternehmen die Nutzung und Entwicklung<br />

jener Flächen, die ins Eigentum der Inuit übergegangen<br />

sind, zu betreiben.<br />

6. Die wirtschaftliche Eigenständigkeit, soziale<br />

Wohlfahrt und kulturelle Entfaltung der Inuit. Die Region<br />

Nunavut erhält eine Selbstregierung bzw. Autonomie.<br />

Der Rat <strong>für</strong> die soziale Entwicklung Nunavuts wird<br />

mit der Verantwortung <strong>für</strong> die soziale und kulturelle<br />

Entfaltung betraut, der „Inuit Heritage Trust“ mit der<br />

Erhaltung und Pflege der archäologischen Stätten der<br />

Inuit-Kultur.<br />

Die Umsetzung der Übertragung all dieser Rechte<br />

und Befugnisse an die Regierung von Nunavut wurde<br />

der „Nunavut-Implementation Commission“ (NIC)<br />

anvertraut, die auch <strong>für</strong> die Abhaltung der ersten<br />

Wahlen der Regionalversammlung und Veranstaltung<br />

von Bildungspro-grammen verantwortlich zeichnete.<br />

140<br />

219 Der Text findet sich auf http://www.gov.nu.ca: der offiziellen<br />

Website der Regierung von Nunavut

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