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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

146<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

Verantwortungen unabhängig von der<br />

jeweiligen Größe der Gemeinschaft und ihres<br />

Entwicklungsstandes;<br />

die Entwicklung und Erhaltung ihrer Sprachen,<br />

Religionen und Kulturen;<br />

die Nutzung der gemeinschaftlichen Gewässer,<br />

Wälder und von Grund und Boden im Rahmen<br />

der nationalen Entwicklungspläne;<br />

die freie Entwicklung ihrer sozialen und<br />

produktiven Organisationen in Einklang mit<br />

ihren eigenen Werten;<br />

die Bildung in der Muttersprache und in Spanisch<br />

mittels Programmen, die ihr historisches<br />

Erbe, ihr Wertesystem, ihre Traditionen und<br />

die Umwelt-bedingungen berücksichtigen, in<br />

Einklang mit dem nationalen Bildungssystem;<br />

kommunale, kollektive und individuelle Formen<br />

des Eigentums und die entsprechenden<br />

Formen der Eigentumsübertragung;<br />

das Recht, eigene Autoritäten und Behörden<br />

zu wählen und gewählt zu werden;<br />

die wissenschaftlich gestützte Kenntnis<br />

und Anwendung der natürlichen indigenen<br />

Medizin, in Einklang mit dem nationalen<br />

Gesundheitssystem.<br />

Die Anerkennung spezifischer Gruppen-rechte (z.B.<br />

Landrechte, Kontrolle der natürlichen Ressourcen,<br />

Bildung in der Muttersprache, offizieller Status<br />

der indianischen Sprachen) und die territoriale<br />

Selbstverwaltung haben in den 80er Jahren Frieden und<br />

Versöhnung ermöglicht. Doch ist die Autonomie immer<br />

noch nicht voll umgesetzt, da die in Managua von<br />

1990 bis 2006 regierenden neoliberalen Regierungen<br />

verschiedene Grundaspekte der Autonomie immer<br />

wieder in Frage gestellt haben. Auch interne politische<br />

Konflikte innerhalb der Autonomen Regionen haben<br />

die Umsetzung der Autonomie behindert. Die<br />

indigenen <strong>Völker</strong> und die afro-karibischen Gemeinschaften<br />

fühlten sich von der neoliberalen Agenda der<br />

Zentralregierungen seit 1990 besonders bedroht. 223<br />

Dennoch konnte 1995 eine Verfassungsänderung zur<br />

Stärkung der Rechte aller Regionen und 2003 weitere<br />

wichtige Durchführungsbestimmungen zur Autonomie<br />

im nationalen Parlament durchgesetzt werden, nämlich<br />

folgende:<br />

1. Das Gesetz zur Demarkierung des indigenen<br />

223 Dies ist die Einschätzung von Miguel Gonzalez (2004), Territorial<br />

Autonomy in Mesoamerica: With or Without State Consent.<br />

The case of the Zapatista Autonomous Territories in Chiapas,<br />

Mexico, and of the Autonomous Regions in Nicaragua, paper for<br />

the Workshop on Social Movements & Globalisation: resistance or<br />

Engagement, University Consortium on the Global South, Toronto<br />

York University<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

Lands. 224<br />

Die Durchführungsbestimmungen (reglamentaciones)<br />

oder Anwendungs-verfahren <strong>für</strong><br />

die Umsetzung des Autonomiestatuts.<br />

Die Gewährung eines Vetorechts an die autonomen<br />

Regionalräte bezüglich der von der<br />

nationalen Regierung erteilten Konzessionen<br />

zur Nutzung natürlicher Ressourcen auf dem<br />

Territorium der autonomen Atlantikregionen.<br />

Die Dezentralisierung des Bildungs- und<br />

Gesundheitswesens.<br />

Ein besonderer Erfolg konnte im Bereich der höheren<br />

Bildung mit der Gründung zweier Universitäten erzielt<br />

werden, die sich auf die ethnischen Gemeinschaften<br />

der beiden Regionen stützen: die URACCAN im Norden<br />

und die BICU im Süden. Diese Institutionen leisten<br />

eine bedeutende Grundlagenarbeit <strong>für</strong> die nachhaltige<br />

Nutzung der Ressourcen, <strong>für</strong> die lokale Managementund<br />

Unternehmerausbildung und die allgemeine<br />

kulturelle Weiterbildung. Doch hatten diese <strong>für</strong> ganz<br />

Zentralamerika innovativen Institutionen bis heute mit<br />

sehr kargen staatlichen Finanzmitteln zu kämpfen. 225<br />

3.13.3 Die Institutionen der autonomen<br />

Regionen<br />

Beide Regionalräte der RAAS und der RAAN<br />

bestehen aus 45 Mitgliedern, die in allgemeiner<br />

und direkter freier Wahl gewählt werden. Alle in den<br />

autonomen Atlantikregionen gewählte Abgeordneten<br />

zum nationalen Parlament Nicaraguas sind laut<br />

Autonomiestatut auch wahlberechtigte Mitglieder<br />

des jeweiligen Regionalrats, weshalb deren effektive<br />

Mitgliederzahl 47 (RAAN) bzw. 48 (RAAS) beträgt. Für<br />

das passive Wahlrecht muss man in der Atlantikregion<br />

geboren sein oder mindestens einen in der Region<br />

geborenen Elternteil haben. Außerdem muss man<br />

seit mindestens 5 Jahren vor der Wahl in der Region<br />

ansässig gewesen sein. Fürs aktive Wahlrecht genügt<br />

es dagegen, als Nicaraguaner einer beliebigen Region<br />

mindestens ein Jahr in der jeweiligen Atlantikregion<br />

ansässig gewesen zu sein (Art. 22 Aut.St.).<br />

Der Vorsitzende der Regionalregierung wird „Regionaler<br />

Koordinator“ genannt. Seine Aufgaben sind laut Kap. II<br />

224 Asamblea Nacional de Nicaragua (2003), “Ley de Régimen de<br />

Propiedad Comunal de los Pueblos Indigenas y Comunidades Ètnicas<br />

de las Regiones Autónomas de la Costa Atlantica de Nicaragua<br />

y de los Ríos Bocay, Coco, Indio y Maiz”, La Gaceta Diario Oficial,<br />

no.16, 23 Enero 2003, Managua<br />

225 Einen Überblick über das Programm der URACCAN gibt es<br />

auf: http://www.uraccan.edu.ni

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