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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

Im Jahr 2011 funktionierten regionale Territorialautonomien,<br />

ausgewählt unter den in Kapitel 2.10<br />

erläuterten Bestimmungskriterien, in mindestens 20<br />

Ländern der Erde. Da einige Staaten mehr als eine<br />

autonome Region eingerichtet haben (Spanien hat<br />

17 „Autonome Gemeinschaften“, Italien 5 Regionen<br />

mit Sonderstatut, Großbritannien 3, Nicaragua und<br />

Portugal 2 usw.) gibt es zur Zeit mindestens 60<br />

Regionen oder Gebiete mit Territorialautonomie.<br />

Geht man von den genannten Bestimmungskriterien<br />

aus, hat sich Territorialautonomie seit 1921 bewährt,<br />

als die Åland Inseln ihren Sonderstatus innerhalb<br />

Finnlands erhielten, während die jüngste Autonomie<br />

der Provinz Vojvodina zuerkannt worden ist, deren<br />

Autonomie innerhalb Serbiens am 14. Dezember 2009<br />

wieder hergestellt worden ist. Die Grundmerkmale der<br />

bestehenden Territorialautonomien sind - zumindest<br />

anhand eines Beispiels pro Land der insgesamt 20<br />

Länder - im Teil 3 dargelegt worden. Im Abschnitt 4 sind<br />

einige wichtige Sonderformen von Territorialautonomie<br />

und “Autonomie-ähnliche Arrangements der<br />

Gewaltenteilung” erläutert worden, was ein Gesamtbild<br />

dieser Art territorialer Gewaltenteilung unter<br />

verschiedenen staatsrechtlichen Rahmenbedingungen<br />

vermitteln soll.<br />

Im vorliegenden Abschnitt 5 wird eine Übersicht über<br />

die bisherigen Erfahrungen mit Territorialautonomie<br />

geboten, um eine Art „Mindeststandard“ eines<br />

modernen Autonomiesystems herauszuschälen,<br />

Aufgrund der bisher gewonnenen Erfahrungen<br />

können jetzt Schlüsselfaktoren <strong>für</strong> den Erfolg von<br />

<strong>Autonomiesysteme</strong>n aufgelistet und überlegt werden,<br />

wie diese Lektionen auf offene Konflikte angewandt<br />

werden können.<br />

Zum Abschluss wird auf die Notwendigkeit eines<br />

kollektiven Rechts auf Autonomie eingegangen.<br />

5.1 Erfahrungen mit<br />

Territorialautonomie –<br />

Ein Überblick<br />

Nimmt man die vielfältige Anwendung von<br />

Autonomiekonzepten in allen Kontinenten zur<br />

Kenntnis, bietet Territorialautonomie eine Fülle<br />

möglicher Arrangements zur Konfliktlösung,<br />

insbesondere bei Konflikten mit ethnischem<br />

Hintergrund im Zusammenhang mit nationalen<br />

Minderheiten und Minderheitenvölkern. Bei gegebener<br />

politischer Legitimation der Konfliktparteien bietet<br />

Regionalautonomie beiden Seiten, dem Zentralstaat<br />

und der nationalen Minderheit und der regionalen<br />

Gemeinschaft, angemessene Regelungen zur<br />

Befriedigung ihrer Interessen.<br />

5.1.1 Typische Elemente von<br />

<strong>Autonomiesysteme</strong>n<br />

Territorialautonomie wird i.d.R. in Einheitsstaaten<br />

eingerichtet, doch gibt es Beispiele von autonomen<br />

Regionen auch in Bundesstaaten (Kanada, USA,<br />

Indien, Russland, Belgien). In einigen Staaten ist<br />

Regionalautonomie sogar zum Grundprinzip des<br />

territorialen Aufbaus des Gesamtstaats geworden<br />

wie in Spanien und in geringerem Maße in Italien. Im<br />

spanischen System, das fließende Grenzen Richtung<br />

asymmetrischen Föderalismus aufweist, ist die<br />

Territorialautonomie gar abgekoppelt worden von ihren<br />

historischen Entwicklungsgründen, nämlich der Präsenz<br />

von Minderheitennationen wie Katalonien, Galizien und<br />

dem Baskenland. In einer Art verstecktem Föderalismus<br />

ist Regional-autonomie zum Strukturprinzip der<br />

vertikalen Gewaltenteilung in Spanien geworden, um<br />

einen höheren Grad an Subsidiarität und Demokratie<br />

zu gewährleisten. Doch abgesehen von Spanien<br />

dient Territorialautonomie in den meisten Regionen<br />

der Welt immer noch als Regelung zum Schutz der<br />

Rechte und Interessen von besonderen Minderheiten<br />

und Regionalgemeinschaften. In der Folge sind einige<br />

Schlüsse aus dem funktionalen Vergleich bestehender<br />

Autonomien zu ziehen, bevor wir auf die Entwicklungsperspektiven<br />

zurückkommen.<br />

240<br />

In historischer Perspektive war die Präsenz von<br />

ethnischen oder nationalen Minderheiten, die die<br />

Forderung nach Selbstregierung stellten, eine<br />

Grundvoraussetzung von Territorial-autonomie. Diese<br />

Minderheit muss zwei weitere Bedingungen erfüllen,<br />

nämlich in der Lage sein, überhaupt die politische

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