Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
162<br />
<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />
und der territorialen Integrität der Republik der<br />
Philippinen.“ 239<br />
Art. 16 überträgt dem Präsidenten die Befugnis<br />
der allgemeinen Aufsicht über die autonomen<br />
Regionen. Art. 17 der Verfassung sieht vor, dass alle<br />
Verantwortungsbereiche und Aufgaben, die weder<br />
durch die Verfassung noch durch Staatsgesetze den<br />
autonomen Regionen übertragen werden, bei der<br />
nationalen Regierung verbleiben. Ein staatliches<br />
Rahmengesetz sollte den Aufbau der beiden autonomen<br />
Regionen regeln, die von einer gesetzgebenden<br />
Versammlung und einer eigenständigen Regierung<br />
geführt werden sollten. Mit denselben Gesetzen sollten<br />
besondere Gerichtshöfe <strong>für</strong> das Zivil-, Familien- und<br />
Eigentumsrecht im Einklang mit der Verfassung und<br />
den Staatsgesetzen geschaffen werden.<br />
Die Schaffung der autonomen Regionen sollte erst nach<br />
Zustimmung einer Mehrheit der Wähler im Rahmen<br />
einer Volksabstimmung in den betroffenen Gebieten in<br />
Kraft treten. Wie oben angemerkt, traten auf Mindanao<br />
bisher nur fünf Provinzen und eine Stadt der ARMM<br />
bei. Art. 20 der Verfassung zieht klare Grenzen <strong>für</strong> die<br />
Autonomie der ARMM: „Innerhalb seiner territorialen<br />
Ausdehnung und im Rahmen der Bestimmungen der<br />
Verfassung und der Staatsgesetze wird den autonomen<br />
Regionen die Gesetzgebungskompetenz <strong>für</strong> folgende<br />
Bereiche über-tragen:<br />
1. Verwaltungsorganisation<br />
2. Beschaffung von finanziellen Eigenmitteln<br />
3. traditionelle Eigentumsrechte und natürliche<br />
Ressourcen<br />
4. Personen, Familien und Eigentumsrecht<br />
5. Entwicklungsplanung <strong>für</strong> Städte und<br />
Regionen<br />
6. Wirtschaftsentwicklung und Sozialpolitik<br />
7. Tourismus<br />
8. Bildungspolitik<br />
9. Erhaltung und Entwicklung des kulturellen<br />
Erbes<br />
10. Alle anderen Bereiche, die gemäß Staatsgesetz<br />
<strong>für</strong> die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt<br />
der Bevölkerung der Region erlassen werden<br />
können. 240<br />
Die Verfassung legt die Verantwortlichkeit <strong>für</strong> die lokale<br />
Polizei nicht genau fest, während „die Verteidigung<br />
und Sicherheit der Region in der Verantwortung der<br />
239 http://www.gov.ph/aboutphil/10.asp: Die Verfassung der Philippinen.<br />
Die Autonomie der Cordillera-Region ist noch nicht umgesetzt.<br />
240 Vgl. die Verfassung der Philippinen, Abschnitt 20<br />
nationalen Regierung liegen“. 241<br />
Bisher ist in der ARMM erst eine Teil-Autonomie<br />
erreicht worden. Mängel bestehen immer noch in der<br />
Finanzierung und bei den schlecht funktionierenden<br />
demokratischen Organen. Die ARMM ist heute noch eine<br />
der rückständigsten Regionen Mindanaos, die allem<br />
Anschein nach den Muslimen als Bevölkerungsgruppe<br />
nur geringe Vorteile brachte. Einige von Muslimen<br />
geforderte Regelungen wie ein Zivilrecht nach Scharia<br />
und die Islamschulen (Medressa) sind bisher nicht<br />
eingeführt worden. Multinationale, exportorientierte<br />
Unternehmen haben den Entwicklungsbedarf der<br />
Bevölkerung vernachlässigt, die Moros wurden<br />
wirtschaftlich weiter an den Rand gedrängt. 242 Ein<br />
muslimischer Staat auf Mindanao scheint eine<br />
Sackgasse zu sein, doch gelingt es radikalen Moro-<br />
Gruppen die Frustration der arbeitslosen Jugendlichen<br />
der ärmsten Gebiete der ARMM gegen die Regierung<br />
in Manila zu wenden.<br />
Somit besteht unter den Muslimen der Philippinen<br />
heute allgemeines Unbehagen und Enttäuschung<br />
über die bisherigen Ergebnisse der Autonomie. Dies<br />
ist sowohl auf den Mangel an Ressourcen als auch<br />
auf den Mangel an Erfahrung der Regierung in der<br />
Führung einer modernen Verwaltung zurückzuführen.<br />
Überdies bestehen auch Kommunikations- und<br />
Verkehrsprobleme zwischen der Hauptstadt Cotabato<br />
City und den verschiedenen Teilen der ARMM. 243 Die<br />
gewählten Regionalpolitiker machen hingegen <strong>für</strong><br />
alle Mängel und Misserfolge die Regierung in Manila<br />
verantwortlich. Entwicklungsprogramme würden der<br />
ARMM noch immer von der Zentralregierung auferlegt<br />
und nicht von den demokratisch gewählten Vertretern<br />
der ARMM selbst entwickelt. 244<br />
Tatsächlich ließ das Friedensabkommen von 1996 viele<br />
Fragen offen. Zwei Phasen waren vorgesehen. Zum<br />
ersten die Errichtung des Südphilippinischen Rates <strong>für</strong><br />
Frieden und Entwicklung (SPCPD), und zum zweiten<br />
die Einsetzung einer autonomen Regionalregierung<br />
bis September 1999, was nicht erfolgte. 245 Somit<br />
wurde das Abkommen von 1996 nur teilweise erfüllt,<br />
241 Verfassung der Philippinen, Abschnitt 20<br />
242 Syed Serajul Islam, Ethno-communal Conflict in the Philippines:<br />
The Case of Mindanao-Sulu Region, in: Rajat Ganguly/Ian<br />
Macduff, Ethnic Conflict&Secessionism in South and Southeast<br />
Asia, London Sage Publications, 2003, 219-221<br />
243 Vgl. “Centre for Autonomy and Governance“, ARMM<br />
Roundtable series, no.2, Manila 29-10-2003<br />
244 ebd.<br />
245 Vgl. http://www.wsws.org/de/2000/mai2000/jolo-m13_prn.<br />
html