06.11.2013 Aufrufe

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3 Territorialautonomie am Werk<br />

3.9 Serbiens Autonome<br />

Provinz Vojvodina<br />

Die multiethnische Region Vojvodina, im Norden<br />

Serbiens an der Grenze zu Ungarn, Rumänien und<br />

Kroatien gelegen, war bis 1990 eine autonome Provinz<br />

der Republik Serbien innerhalb des Bundesstaats<br />

Jugoslawien. Von 1945 bis 1990 hatte die Vojvodina<br />

und das Kosovo den Status einer Autonomen Provinz<br />

inne. Die Vojvodina war über 800 Jahre lang Teil des<br />

Königreichs Ungarn gewesen und hatte lange Zeit<br />

eine ungarische Bevölkerungsmehrheit. Bereits im<br />

Habsburgerreich genoss die Region eine gewisse<br />

Autonomie als Bollwerk gegen das Osmanenreich<br />

und später gegenüber den Balkanstaaten. Mit dem<br />

Friedensvertrag von 1918 wurde die Vojvodina ans<br />

Königreich Serbien abgetreten, das die Ansiedlung<br />

von Serben förderte.<br />

Die Vojvodina erhielt erweiterte Zuständigkeiten<br />

zur Selbstregierung im Rahmen der 1974 in Kraft<br />

getretenen Bundesverfassung Jugoslawiens, die<br />

beiden autonomen Provinzen Serbiens de-facto ein<br />

Vetorecht im serbischen und jugoslawischen Parlament<br />

einräumte. Ihr Status konnte ohne Zustimmung der<br />

jeweiligen Provinzparlamente nicht einseitig von<br />

Serbien abgeändert werden. Unter dem Regime des<br />

serbischen Präsidenten Milosevic verloren sowohl das<br />

Kosovo wie die Vojvodina im September 1990 ihre<br />

Autonomie. Obwohl diese Provinzen in offiziellen Texten<br />

noch als „autonome Provinzen“ geführt wurden, hatte<br />

Belgrad nahezu die gesamte Entscheidungsmacht<br />

wieder an sich gerissen, während das Provinzparlament<br />

und die Provinzregierung in Novi Sad nur mehr<br />

Alibifunktion hatten. Der Fall Milosevics im Jahr 2000<br />

schuf die Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Reform des Status<br />

der Vojvodina.<br />

Ein „Omnibus-Gesetz“ verstärkte schon 2002 die<br />

Rechte und Kompetenzen des Provinzparlaments<br />

der Vojvodina. Diese Neuregelung bestand in einer<br />

besonderen Kombination von Personalautonomie<br />

der Ungarn, Territorialautonomie der Gemeinden mit<br />

ungarischer Bevölkerungsmehrheit und Autonomie<br />

der Provinz Vojvodina als solcher. Diese Regelung<br />

enthielt auch Bestimmungen zur Weiterentwicklung<br />

der Kompetenzen, verfahren und Zusammensetzung<br />

der Organe der Provinz. Doch handelt es sich um einen<br />

bloßen Autonomieentwurf aufgrund der Forderungen<br />

der ethnischen Ungarn der Region, nicht etwa um das<br />

Ergebnis offizieller Verhandlungen zwischen Serben<br />

und Ungarn. Am 15. 10. 2008 verabschiedete das<br />

Provinzparlament der Vojvodina ein neues Statut der<br />

Provinz. 215 89 von 120 Abgeordneten stimmten <strong>für</strong><br />

das Statut, das mit geringfügigen Abänderungen am<br />

30. November 2009 mit 137 Stimmen gegen 24 vom<br />

serbischen Parlament angenommen wurde. Am 14.<br />

Dezember 2009 wurde das neue Autonomiestatut in<br />

Novi Sad offiziell proklamiert. 19 Jahre nach dem Verlust<br />

seiner ersten Autonomie hatte die multiethnische<br />

Provinz nun unter demokratischen Verhältnisse ihre<br />

Autonomie wieder erhalten.<br />

Quelle:<br />

Die offizielle Website der Provinz Vojvodina: http://<br />

www.skupstinavojvodine.sr.gov.yu/<br />

und: www.vojvodina.gov.rs<br />

215 Vgl. Maria Ackrén (2009), Conditions, op. cit., S. 45<br />

133

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!