Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
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5 Schlussfolgerungen<br />
startete die Cordillera People‘s Liberation Army (CPLA)<br />
in den 1980er Jahren einen Guerrillakrieg, der später<br />
von der kommunistischen „Neuen Volksarmee“ (NPM)<br />
fortgesetzt wurde.<br />
schwerlich allein mit Autonomiearrangements zu lösen,<br />
wie z.B. die Palästinafrage, Zypern, die Westsahara-<br />
Frage und die staatliche Verfasstheit von Somalia.<br />
Doch <strong>für</strong> eine Reihe von regionalen Konflikten kann<br />
das bewährte Instrument der Territorialautonomie eine<br />
wertvolle Hilfe bieten. Einige der in diesem Abschnitt<br />
genannten Konflikte schwelen seit Jahrzehnten und<br />
führen zu andauernder ethnischer Diskriminierung,<br />
kultureller Unterdrückung und politischen Spannungen<br />
oder gar massiven Menschenrechtsverletzungen. 391<br />
Andere bilden gar den Grund <strong>für</strong> immer wieder<br />
aufflackernde militärische Konfrontation. Die folgenden<br />
zwölf Fälle werden hier als Beispiele kurz angerissen,<br />
wo Territorialautonomie von den Konfliktparteien selbst<br />
als mögliches Lösungsinstrument ins Spiel gebracht<br />
worden ist.<br />
1. Die Cordillera-Region (Philippinen)<br />
Die „Gran Cordillera“, die größte Gebirgskette der<br />
Philippinen, umfasst rund ein Sechstel der Insel<br />
Luzon (18.300 km 2 ). Die Bevölkerung dieses Gebiets<br />
(1,1 Millionen, gleich 2% der Gesamtbevölkerung<br />
der Philippinen) besteht vor allem aus Igorot<br />
(wörtlich: Menschen der Berge). Das Gebiet ist in fünf<br />
Verwaltungseinheiten unterteilt. Die Volksgruppen der<br />
Cordillera-Region werden der Cordillera People‘s Allianz<br />
CPA vertreten, ein Zusammenschluss von mittlerweile<br />
mehr als 120 Organisationen und Verbänden der<br />
indigenen <strong>Völker</strong> dieser Region. Die CPA ist 1984<br />
von sieben Igorot-Organisationen gegründet worden.<br />
Neben diesem friedlichen Kampf um Autonomie<br />
391 Vgl. Stefan Wolff (2006), Ethnic Conflict - A Global Perspective,<br />
Oxford University Press<br />
Um diesen Forderungen entgegen zu kommen ist bis<br />
heute nicht mehr als die „Cordillera-Verwaltungsregion“<br />
geschaffen worden. Die CPA verlangt aber die Gründung<br />
einer modernen Territorialautonomie mit einer frei<br />
gewählten Regionalversammlung und Regierung<br />
sowie der „Cordillera Bodong Verwaltung“ als<br />
Übergangsinstitution. Eine echte Territorialautonomie<br />
<strong>für</strong> die Region der Igorot bildet eine realistische<br />
Kompromisslösung, weil die Philippinen auf Mindanao<br />
bereits 1996 <strong>für</strong> die muslimisch Moro eine solche<br />
Region eingerichtet haben und Gespräche mit der CPA<br />
in dieser Perspektive führen.<br />
2. Westpapua (Indonesien)<br />
Papua-Niugini ist die Heimat von rund 1.000<br />
verschiedenen indigenen <strong>Völker</strong>n melanesischen<br />
Ursprungs. West-Papua weist die größte ethnische<br />
Vielfalt in einem Gebiet auf. Seit 1948 war die<br />
Insel zwischen Kolonialmächten (Großbritannien,<br />
Niederlande, Deutschland) aufgeteilt. Als Indonesien<br />
1949 die Unabhängigkeit von den Niederlanden<br />
durchsetzte, forderte es auch die Angliederung<br />
von Westpapua, besetzte es aber nicht militärisch.<br />
Als Australien und die Niederlande daraufhin die<br />
Unabhängigkeit Westpapuas vorbereiteten und 1962<br />
einer Interimsverwaltung der Vereinten Nationen<br />
übergaben, besetzte Indonesien 1962 kurzerhand<br />
die gesamte Westhälfte der Insel. Am 1. Mai 1963<br />
annektierte Indonesien dieses riesige Gebiet und wurde<br />
damit offiziell zur neuen Kolonialmacht in Westpapua.<br />
Das Selbstbestimmungsrecht der indigenen <strong>Völker</strong> war<br />
vom Tisch gefegt worden. Seitdem sind immer wieder<br />
Aufstände und politischer Widerstand im Keim erstickt<br />
worden. Die indigene Widerstandsbewegung OPM<br />
(Organisasi Papua Merdeka) setzt den bewaffneten<br />
Widerstand fort.<br />
2001 hat die Regierung in Jakarta Westpapua eine<br />
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