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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

88<br />

Regierung lancierte am 25. Oktober 2003 ein neues<br />

Autonomiestatut <strong>für</strong>s Baskenland, das der Region<br />

zusätzliche Selbstregierungs-befugnisse verschafft<br />

hätte. Am 30. Dezember 2004 stimmte das baskische<br />

Parlament mit 39 gegen 33 Stimmen <strong>für</strong> den Ibarretxe-<br />

Vorschlag, der auch die Möglichkeit eines Referendums<br />

über eine eventuelle Unabhängigkeit vorsieht. Diese<br />

neue Autonomie wäre mit einer eigenen Gerichtsbarkeit,<br />

Polizei, Steuersystem ausgestattet sowie mit einer<br />

„regionalen Staatsbürgerschaft“ <strong>für</strong> jene Bewohner<br />

mit baskischen Vorfahren. Das Baskenland würde<br />

zwar Teil des spanischen Staats bleiben, doch nur<br />

mehr in „freier Assoziation“ mit Spanien. Auch eine<br />

eigenständige Vertretung des Baskenlandes in der<br />

EU und in anderen internationalen Organisationen<br />

würde geschaffen. Die größten spanischen Parteien,<br />

die Sozialisten (PSOE) und die Volkspartei (PP), warfen<br />

der baskischen Regierung vor, damit eine Reihe von<br />

Artikeln der Verfassung zu verletzen und das Land<br />

noch weiter zu spalten und stellten sich gegen den<br />

Plan. 149 Erwartungsgemäß lehnte das spanische<br />

Parlament den Vorschlag des Baskenlandes <strong>für</strong> ein<br />

neues Autonomiestatut im Jänner 2005 mit 313 gegen<br />

29 Stimmen ab.<br />

3.2.5 Kataloniens Autonomie<br />

Drei der Autonomen Gemeinschaften Spaniens werden<br />

auch als „historische Nationalitäten“ 150 bezeichnet, die<br />

auf eine längere Tradition regionaler Selbstregierung<br />

verweisen können, nämlich Katalonien, Galizien<br />

und das Baskenland. Die bevölkerungsreichste<br />

dieser drei Regionen, Katalonien, genoss während<br />

der 2. spanischen Republik von 1931 bis 1939 eine<br />

umfassende Autonomie.<br />

Die Autonome Gemeinschaft Katalonien ist nur eine<br />

von vier Gemeinschaften Spaniens, die vorwiegend<br />

149 In Wahlen zum baskischen Parlament vom 17. April 2005 verlor<br />

die regierende PNV, geführt vom Lehendakari Ibarretxe, 4 Sitze,<br />

blieb aber stärkste Partei im Regionalparlament. Ibarretxe bildete<br />

daraufhin eine Koalitionsregierung mit dem baskischen Ableger<br />

der spanischen Sozialisten PSOE und der PCTV-EHAK (Partido<br />

Comunista de Territorios Vascos). Diese Partei fing einen Großteil<br />

der Stimmen von Herri Batasuna auf, die 2003 verboten worden<br />

war, genauso wie ihre Nachfolgeorganisation Aukera Guztiak (AG).<br />

PCTV-EHAK gelangte so zum ersten Mal ins baskische Parlament<br />

und wird immer noch verdächtigt, mit der ETA zu sympathisieren,<br />

konnte aber nicht mehr ausgeschlossen werden.<br />

150 Im Spanischen bezeichnet „nacionalidad“ nicht nur Staatsangehörigkeit,<br />

sondern auch eine Art „Nation zweiter Kategorie“. In<br />

Katalonien beharrt man natürlich darauf, eine Nation zu sein.<br />

oder zum Teil von Katalanen bewohnt werden. Sie kann<br />

als das Kerngebiet des katalanischen Volks betrachtet<br />

werden. Die katalanische Sprache und Kultur ist auch<br />

auf den Balearen dominant, während Katalanen in<br />

Valencia einen erheblichen Teil der Bevölkerung<br />

bilden. In Aragon sowie außerhalb Spaniens auch<br />

in Frankreich und Italien gibt es eine katalanische<br />

Minderheit. In Andorra hingegen ist das Katalanische<br />

die Staatssprache.<br />

Mit einer Bevölkerung von 7,5 Millionen (2011)<br />

ist Katalonien die größte Territorialautonomie der<br />

Welt und die Katalanen sind die größte europäische<br />

Nation ohne eigenen Staat. Obwohl die Mehrheit der<br />

Katalanen Katalonien als eine Nation betrachten,<br />

ist die Autonomie dieser Gemeinschaft nicht an ein<br />

ethno-linguistisches Kriterium bezüglich der einzelnen<br />

Bewohner gebunden. Katalonien ist zuallererst eine<br />

einem Gliedstaat eines Bundesstaats vergleichbare<br />

territoriale Einheit, in der es rechtlich keine Rolle<br />

spielt, ob jemand als Muttersprache Katalanisch oder<br />

eine andere Sprache Spaniens spricht. Autonomie<br />

wird in Spanien seit jeher als Territorialautonomie<br />

begriffen. Nicht die Zugehörigkeit eines Bürgers<br />

zu einer der anerkannten „Nationalitäten“ (bzw.<br />

Sprachgemeinschaften) spielt eine Rolle, sondern<br />

nur sein legaler Wohnsitz in einer der Gemeinden der<br />

jeweiligen Autonomen Gemeinschaft. Der nationale<br />

Charakter einer Autonomen Gemeinschaft wie<br />

Katalonien – ähnlich auch im Baskenland, den Balearen,<br />

Galizien, Asturien usw. - rührt vom der ethnischen,<br />

kulturellen und geschichtlichen Identitätsempfinden<br />

der Mehrheit der Bevölkerung her und findet seinen<br />

Niederschlag in der autonomen Gesetzgebung, wie<br />

z.B. in der Sprachenpolitik und Schulpolitik, in den

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