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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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3.4 Die Åland Inseln<br />

(Finnland)<br />

Bevölkerung (2005) 26.711<br />

Landfläche 1.527 km 2<br />

Gesamtfläche 6.784 km 2<br />

Hauptstadt<br />

Mariehamn<br />

Offizielle Sprache<br />

Schwedisch<br />

Autonomie seit 1920<br />

http://en.wikipedia.org/<br />

Die Åland Inseln sind eine schwedischsprachige<br />

Inselgruppe im Baltischen Meer zwischen Schweden<br />

und Finnland. Der Archipel umfasst nicht weniger als<br />

6.554 Inseln, wovon nur 50 dauerhaft bewohnt werden.<br />

Fast 40% der 27.000 Åländer leben in Mariehamn,<br />

der einzigen Stadt und dem Verwaltungs-zentrum<br />

der Inselgruppe. Amtssprache ist das Schwedische.<br />

Obwohl die Inseln seit langer Zeit zum schwedischen<br />

Kulturraum gehören, fielen sie infolge geschichtlicher<br />

Umstände 1809 an Russland. Am Ende des Zarenreichs<br />

1917 wurde den Åländern die volle Selbstbestimmung<br />

verweigert. Sie wurden der neu entstandenen<br />

Finnischen Republik angegliedert. Schweden war mit<br />

dieser Änderung des Status der Åland Inseln nicht<br />

einverstanden. Der Streit konnte aber vom <strong>Völker</strong>bund<br />

1920 geschlichtet werden, als Finnland das Recht<br />

der Åländer auf Erhaltung ihrer Sprache, Kultur und<br />

Traditionen sowie auf einen demilitarisierten und<br />

autonomen Status anerkannte. 173 Das finnische<br />

Autonomie-gesetz von 1921 begründete die erste<br />

Regionalautonomie in einem demokra-tischen Staat<br />

Europas.<br />

3.4.1 Geschichte<br />

Nach einer langen Zeit unter Schweden (1157-1809)<br />

173 Übereinkunft zwischen Finnland und Schweden über Garantieleistungen<br />

im Gesetz vom 7. Mai 1920 zur Autonomie der Åland<br />

Inseln, unterzeichnet am 27. Juni 1921. Der Text findet sich in Hurst<br />

Hannum, Autonomy, Documents on Autonomy and Minority Rights,<br />

Dordrecht 1993, S.141-143<br />

3 Territorialautonomie am Werk<br />

wurden die Åland Inseln zusammen mit Finnland an<br />

das Russische Reich abgetreten. Von 1809 bis 1917<br />

gehörten die Inseln zum Groß<strong>für</strong>stentum Finnland, das<br />

innerhalb Russlands eine gewisse Eigenständigkeit<br />

genoss. Russland befestigte die Åland-Inseln während<br />

des Krimkriegs 1853-1856. Danach wurden die<br />

Inseln im Zuge eines internationalen Abkommens<br />

demilitarisiert. Finnland erklärte 1917 nach der<br />

Revolution in Russland und dem Zusammenbruch des<br />

Zarenreichs seine Unabhängigkeit. 174<br />

Die Befestigungsanlagen konnten nicht verhindern,<br />

dass Åland im 1. Weltkrieg zuerst durch Schweden,<br />

dann durch Deutschland besetzt wurde. Während des<br />

Chaos nach dem Zusammenbruch des Zarenreichs<br />

1917, entwickelte sich auf Åland eine Bewegung <strong>für</strong><br />

die Wiedervereinigung mit dem Mutterland Schweden,<br />

weil man bei einem Verbleib im unabhängigen<br />

Finnland den Verlust der schwedischen Sprache und<br />

Kultur be<strong>für</strong>chtete. Schweden betrachtete die Åland-<br />

Inseln in ausländischer Hand als Sicherheitsrisiko<br />

und unterstützte diese Bewegung. Zwei inoffizielle<br />

Petitionen der Åländer 1917 und 1919 erbrachten eine<br />

überwältigende Zustimmung zur Wiedervereinigung<br />

mit Schweden. Doch Finnland sperrte sich gegen<br />

das Ansinnen der Åländer, was zu Spannungen<br />

zwischen Helsinki und Stockholm führte. Das finnische<br />

Parlament verabschiedete am 6. Mai 1920 ein erstes<br />

„Autonomiegesetz <strong>für</strong> Åland“, das die Åländer nicht<br />

akzeptierten. Sie verlangten weiterhin die volle<br />

Selbstbestimmung. Darüber hinaus hatte die Åland-<br />

Frage aufgrund des erwähnten Demilitarisierungsabkommens<br />

auch eine internationale Dimension. Die<br />

Streitfrage wurde 1920 dem <strong>Völker</strong>bund übergeben.<br />

Finnland und Schweden stellten sich darauf ein,<br />

seine Entscheidung als Grundlage <strong>für</strong> die zukünftige<br />

Regelung der Åland-Frage zu akzeptieren. Im Juni 1921<br />

erklärte der <strong>Völker</strong>bund die Åland-Inseln zur Frage von<br />

völkerrechtlicher Relevanz, lehnte die Forderung ihrer<br />

Bewohner nach Selbstbestimmung jedoch mit der<br />

Begründung ab, dass Minderheiten gemäß <strong>Völker</strong>recht<br />

kein Recht auf Sezession geltend machen könnten.<br />

Die Åland-Inseln sollten Teil Finnlands bleiben, das den<br />

Inseln Selbstregierung und Schutzgarantien <strong>für</strong> die<br />

Erhaltung ihrer Kultur einzuräumen hatte. Schließlich<br />

müssten die Inseln demilitarisiert werden und neutralen<br />

Status im Rahmen eines internationalen Abkommens<br />

erhalten. 175<br />

174 Die Geschichte Ålands wird gut erläutert von James Barros,<br />

The Åland Island Question. Its Settlement by the League of Nation’s,<br />

in: Harry Jansson und Johannes Salminen (eds.), The Second Åland<br />

Islands Question – Autonomy or Independence?, Mariehamn 2002.<br />

175 Harry Jansson/Johannes Salminen (eds.), The Second Åland<br />

Islands Question – Autonomy or Independence?, Mariehamn 2002,<br />

105

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