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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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3 Territorialautonomie am Werk<br />

ausgewirkt habe, während 53% einige positive<br />

Elemente sehen. 40% der Staatsbürger meinen, dass<br />

die Autonomie dem Separatismus Auftrieb verliehen<br />

habe, was 38% verneinen. 159 Nahezu 93% der Spanier<br />

waren der Auffassung, dass sich die Mühe des Aufbaus<br />

Autonomer Gemeinschaften gelohnt habe. Es kann<br />

somit angenommen werden, dass sich das Modell der<br />

Regionalautonomien konsolidiert hat.<br />

Dennoch besteht heute eine allgemeine Forderung<br />

nach einer besseren Entsprechung zwischen der<br />

politischen Verantwortung und den finanziellen<br />

Mitteln der Gemeinschaften. Es gibt eine verbreitete<br />

Einstellung, dass die Regionalregierungen wie<br />

Zentralregierungen eigenständiger handeln können<br />

sollten, nämlich Steuern eintreiben und Ausgaben<br />

völlig eigenverantwortlich tätigen können sollen.<br />

Joan Subirat kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:<br />

160<br />

1. Die Autonomen Gemeinschaften sind heute voll<br />

institutionalisiert und haben ihre eigenständige,<br />

von jener des Zentralstaats getrennten Rolle. Sie<br />

organisieren den Löwenanteil der öffentlichen<br />

Dienstleistungen in Spanien und sind <strong>für</strong> beträchtliche<br />

Ressourcen an Personal und Finanzen verantwortlich.<br />

Dennoch haben sie noch zu wenig Befugnisse, um z.B.<br />

das Gesundheitswesen, das Bildungssystem und die<br />

Sozialhilfe in voller Autonomie gestalten zu können.<br />

2. Hinsichtlich der Gesetzgebungstätigkeit sind in den<br />

Autonomen Gemeinschaften verschiedenste politische<br />

Präferenzen und Orientierungen auf den verschiedenen<br />

Politikfeldern zur Geltung gekommen. Die einzelnen<br />

politischen Ansätze hängen auch wesentlich vom<br />

jeweiligen sozialen und wirtschaftlichen Kontext ab<br />

und nehmen sich somit in Extremadura anders aus als<br />

in Katalonien.<br />

Zentralstaat, Autonome Gemeinschaften und<br />

Kommunen gibt es in der allgemeinen Wahrnehmung<br />

eine stärkere Fragmentierung der Staatsfunktionen.<br />

Eine optimale Allokation der Machtbefugnisse ist<br />

noch nicht gelungen. Es gibt noch Kompetenzüberschneidungen,<br />

die Regierungsebenen konkurrieren<br />

um knappe Mittel.<br />

5. Doch all diese Jahre haben gezeigt, dass die Konflikte<br />

zwischen den Regierungsebenen keine Pathologie des<br />

Systems darstellen, sondern Ausdruck einer komplexen<br />

Koordinationsaufgabe sind. Das Verhältnis zwischen<br />

dem Zentralstaat und den Autonomen Gemeinschaften<br />

verlagert sich vom rechtlichen Konflikt hin zur<br />

Zusammenarbeit in den verschiedensten Sektoren.<br />

Verschiedene interregionale Sektorenkonferenzen<br />

sind eingerichtet und bilaterale Kooperationsformen<br />

aufgebaut worden, um die politische Dynamik zwischen<br />

den Regierungsebenen besser zu bewältigen. Die<br />

Ergebnisse sind bisher nicht immer akzeptabel. Sie<br />

können im Gesundheitswesen positiv sein, doch weit<br />

weniger im Bereich der wissenschaftlichen Forschung.<br />

Doch das gesamte System funktioniert dort besser,<br />

wo der Zentralstaat den Weg der Partnerschaft ging,<br />

statt Entscheidungen mit hierarchischer Überlegenheit<br />

durchsetzen zu wollen.<br />

6. Einige Autonome Gemeinschaften waren fähig,<br />

sich als privilegierte öffentliche Akteure in der<br />

Abwicklung von bestimmten öffentlichen Diensten<br />

und politischen Funktionen zu etablieren und damit<br />

Kernentscheidungen <strong>für</strong> die Strategien zur Entwicklung<br />

moderner <strong>Gesellschaft</strong>en zu treffen. Die autonomen<br />

Verwaltungen sind heute Kompetenzzentren in einigen<br />

wichtigen Sektoren. Deshalb gibt es eine wachsende<br />

Nachfrage, die gestiegene politische Bedeutung und<br />

Regulierungsfähigkeit auch mit voller finanzieller<br />

Verantwortung zu verknüpfen.<br />

3. Die Autonomen Gemeinschaften haben sich<br />

im spanischen Staat sowohl in der gesetzlichen<br />

Regulierungsfunktion als auch bei den öffentlichen<br />

Ausgaben eine herausragende Bedeutung verschafft.<br />

Sie haben fast ausschließliche Kompetenz <strong>für</strong> das<br />

Gesundheitswesen, Bildungswesen, die Sozialhilfe und<br />

Infrastrukturen, die die meisten regionalen Ressourcen<br />

verschlin-gen.<br />

4. 20 Jahre nach dem Umbau der Staatsstruktur<br />

Spaniens vom zentralistischen Staat zum Staat der<br />

Autonomien mit den drei Hauptregierungsebenen<br />

159 Subirat (1998), S.138<br />

160 Subirat (1998), S. 145<br />

7. Bei der Ausübung ihrer autonomen Befugnisse<br />

haben die Autonomen Gemeinschaften in den letzten<br />

Jahrzehnten eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung<br />

erreicht. Die öffentliche Meinung, die Experten und<br />

die politische und soziale Elite anerkennen ihre<br />

Rolle. Die Sozialstruktur der Gemeinschaften ist<br />

dank der autonomen Institutionen gestärkt worden,<br />

die in verschiedenen Fällen auch andere kulturelle<br />

Identitäten ausdrücken oder in einigen Fällen die<br />

geschichtliche Besonderheit der jeweiligen Region<br />

aufwerten wollen. Auch in Regionen ohne Autonomie-<br />

Erfahrung zeigen Umfragen einen hohen Grad an<br />

Akzeptanz der Autonomie.<br />

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