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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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3 Territorialautonomie am Werk<br />

bewaffneter Konflikt zwischen Miskito-Einheiten und<br />

der sandinistischen Regie-rung mit mehreren tausend<br />

Opfern beendet.<br />

3.13.2 Die Autonomieregelung<br />

Das Autonomiestatut 222 von 1987 schuf zwei<br />

Regionalparlamente und Regionalregierungen <strong>für</strong> den<br />

Norden (Región Autonoma Atlantico Norte) und <strong>für</strong><br />

den Süden (Región Autonoma Atlantico Sur). Beide<br />

Regionen sind ein untrennbarer Teil des einheitlichen<br />

Staates Nicaragua und ihre Einwohner genießen alle<br />

Rechte und Verantwortungen, die ihnen im Sinne<br />

der Verfassung als nicaraguanischer Staatsbürger<br />

zukommen (Art. 2, Aut.St.).<br />

Der Text des Autonomiestatuts betont wiederholt<br />

das Recht der ethnischen Gemeinschaften, „ihre<br />

eigene ethnische Identität zu definieren und darüber<br />

zu entscheiden“ (Art. 12, Aut.St.), doch auch ihre<br />

Verantwortung, „Leben, Gerechtigkeit und Frieden <strong>für</strong><br />

die Entwicklung der Nation zu verteidigen“ (Art.13,<br />

Aut.St.). Eingedenk der tragischen Geschichte des<br />

CIA-finanzierten Kriegs der CONTRA gegen die<br />

sandinistische Revolutionsregierung waren drei<br />

Überlegungen <strong>für</strong> die Schaffung der Autonomie der<br />

Atlantikregion maßgeblich:<br />

1. die Anerkennung der allgemeinen Staatsbürgerrechte<br />

gleichzeitig mit spezifischen Gruppenrechten der<br />

ethnischen Gemeinschaften;<br />

2. die Anerkennung des multiethnischen und<br />

multikulturellen Charakters Nicaraguas, aber auch<br />

seiner nationalen Einheit;<br />

3. die Förderung von neuen sozialen Werten wie<br />

der Brüderlichkeit, Solidarität, Gleichheit und<br />

gegenseitigen Achtung zwischen den Gemeinschaften,<br />

um eine demokratische und integrationsfreundliche<br />

<strong>Gesellschaft</strong> zu schaffen.<br />

Mit dem Autonomiestatut von 1987 war ein allgemeiner<br />

Konsens unter den ethnischen Gemeinschaften der<br />

Atlantikregion geschaffen worden, dass die Grundrechte<br />

im Rahmen der Verfassung, der Autonomie und seiner<br />

demokratischen Verfahren eingelöst werden konnten.<br />

und der relevanten Aspekte der nationalen Politik,<br />

der Pläne und Leitbilder“ die folgenden wesentlichen<br />

Zuständigkeiten (Art. 8, Aut.St.):<br />

1. die effizient gestaltete Mitwirkung an der<br />

Ausarbeitung und Umsetzung der Pläne und<br />

Programme <strong>für</strong> die nationale Entwicklung<br />

bezüglich der Region, um sie mit den Interessen<br />

der Gemeinschaft der Atlantikregion in Einklang zu<br />

bringen;<br />

2. die Gestaltung der Programme des<br />

Gesundheitswesens, des Bildungswesens, der<br />

Kultur, die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln,<br />

das Transportwesen, die Sozialpolitik, in<br />

Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ministerien;<br />

3. die Förderung eigener regionaler wirtschaftlicher,<br />

sozialer und kultureller Projekte;<br />

4. die rationale Nutzung der Gewässer, der Wälder<br />

und des Landes bei Schutz des Ökosystems;<br />

5. das Studium, die Entwicklung, die Erhaltung und<br />

die Information über die traditionellen Kulturen<br />

der ethnischen Gemeinschaften der Atlantikregion<br />

sowie des historischen, künstlerischen und<br />

sprachlichen Erbes;<br />

6. die allgemeine Förderung der nationalen Kultur der<br />

Gemeinschaft der Atlantikregion;<br />

7. die Förderung des traditionellen Handels zwischen<br />

den Nationen und <strong>Völker</strong>n des Karibikraums<br />

in Einklang mit den einschlägigen nationalen<br />

Bestimmungen;<br />

8. der Ausbau der Verbindungen zu regionalen und<br />

nationalen Märkten, zur Stärkung des nationalen<br />

Marktes insgesamt gestärkt;<br />

9. die Einführung regionaler Steuern in Einklang mit<br />

der nationalen Steuergesetz-gebung.<br />

Von größter Bedeutung <strong>für</strong> die indianischen <strong>Völker</strong> der<br />

Atlantikregion ist die Anerkennung traditioneller Formen<br />

von Landeigentum: „Das Recht auf gemeinschaftliches<br />

Landeigentum wird anerkannt im Sinne der rationalen<br />

Nutzung der Bodenschätze, Wälder, Fischerei und<br />

anderer natürlicher Ressourcen der autonomen<br />

Region. Die besagte Nutzung muss allen Bewohnern in<br />

Form von Übereinkommen zwischen der Regional- und<br />

Zentralregierung zugutekommen“ (Art.9 Aut.St.).<br />

Das Autonomiestatut sichert den Ethnien eine<br />

gleichberechtigte politische Vertretung in den<br />

Regionalräten zu. Es beließ zwar das Spanische als<br />

offizielle Amtssprache, erkannte aber den Sprachen<br />

der Ethnien der Atlantikregionen offiziellen Status<br />

zu. Die Regionen haben „im Rahmen der Verfassung<br />

222 Das Autonomiestatut von 1987 findet sich auf: http://www.<br />

calpi.nativeweb.org/doc_3_english_english.html<br />

Art. 11 des Aut.St. umschreibt die Rechte der<br />

Angehörigen der Gemeinschaften der Atlantikregion<br />

und gibt gut das zweifachen Grundanliegen der<br />

Autonomie der Atlantikregion Nicaraguas wieder,<br />

nämlich die Errichtung einer Territorialautonomie <strong>für</strong><br />

alle und den Schutz der Rechte der verschiedenen<br />

ethnischen Minderheiten. Dieser Artikel garantiert<br />

1. die Gewährleistung gleicher Rechte und<br />

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