Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />
3.5 Die Färöer Inseln und<br />
Grönland (Dänemark)<br />
Die Dänen sind Erben einer alten Tradition lokaler<br />
Selbstverwaltung, die zurückreicht in die Zeit der<br />
Wikinger, als jede Gemeinschaft innerhalb des<br />
Königreichs als selbstständige zivil-militärische<br />
Einheit organisiert war, verbunden durch den Eid<br />
gleichberechtigter Untertanen. Die Zentralisierung der<br />
Macht in der Wikinger-Monarchie führte etwa vor einem<br />
Jahrtausend zur Errichtung einer Art Feudalherrschaft,<br />
die die lokalen Gemeinschaften zwar schwächte,<br />
aber nicht abschaffte. Erst im 19. Jahrhundert kam<br />
im Rahmen des zentralisierten dänischen Staats eine<br />
andere Verfassungsordnung zum Tragen, die nach dem<br />
2. Weltkrieg zum Teil revidiert wurde. Im Nachkriegs-<br />
Dänemark wurden zahlreiche öffentliche Aufgaben<br />
wieder den Lokalkörperschaften übertragen, während<br />
die Zentralregierung die politischen Rahmenbedingungen<br />
setzt und <strong>für</strong> die Finanzierung dieser<br />
Aufgabenerfüllung sorgt. Daneben hat Dänemark zwei<br />
weitreichende Territorial-autonomien mit besonderem<br />
Rechtsver-hältnis zum Zentralstaat <strong>für</strong> die beiden<br />
weit entfernten Inselgruppen der Färöer und Grönland<br />
eingerichtet.<br />
3.5.1 Die Färöer Inseln<br />
Die zwischen Schottland und Island gelegenen Färöer<br />
umfassen 18 Inseln, wovon 16 bewohnt sind. Die<br />
Hauptstadt Torshavn liegt auf der Insel Streynoy.<br />
Die Inselgruppe wurde erstmals im 9. Jahrhundert<br />
von den Wikingern besiedelt und kam 1035 unter<br />
norwegische Herrschaft. Mit dem Zusammenschluss<br />
der dänischen und norwegischen Krone 1360 wurden<br />
die Färöer zu einer Provinz des norwegisch-dänischen<br />
Königreichs. Die Napoleonischen Kriege beendeten die<br />
Norwegisch-Dänische Union und alle Inselterritorien<br />
des Königreichs Norwegen im Atlantik (Färöer, Island<br />
und Grönland) fielen an Dänemark.<br />
Bevölkerung (2004) 44.228<br />
Fläche 1.399 km 2<br />
Hauptstadt<br />
Torshavn<br />
Amtssprachen<br />
Färöerisch, Dänisch<br />
Autonomie seit 1948<br />
http://en.wikipedia.org/<br />
Als Dänemark 1849 zur konstitutionellen Monarchie<br />
erklärt wurde, erfuhren die drei Inselgruppen im Atlantik<br />
eine unterschiedliche Entwicklung. Grönland wurde<br />
bis zu seiner vollen Eingliederung in den dänischen<br />
Staat 1953 wie eine Kolonie behandelt und erhielt<br />
erst 1979 Autonomie. Island trennte sich schrittweise<br />
von Dänemark und wurde 1944 eine unabhängige<br />
Republik. Die Färöer blieben eine dänische Provinz<br />
(Grafschaft) bis zum April 1940, als Nazi-Deutschland<br />
Dänemark besetzte und Großbritannien im Gegenzug<br />
die Kontrolle über die Inseln übernahm.<br />
Nach dem Krieg gaben die Briten die Inseln Dänemark<br />
zurück. Nachdem 1946 auf den Färöern ein Referendum<br />
<strong>für</strong> die Unabhängigkeit abgehalten worden war,<br />
gewährte das dänische Folketing (Parlament) den<br />
Färöern mit dem Autonomiegesetz von 1948 volle<br />
innere Selbstregierung. Die Färöer haben ihre eigene<br />
Flagge. Offizielle Sprache ist das Färöerische, die<br />
kleinste germanische Sprache, die sich wie das<br />
Dänische vom alten Norwegisch ableitet. Die Färöer<br />
(auch „Färinger“) betrachten sich als eigenständiges<br />
Volk mit eigener Sprache und Kultur und haben<br />
ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
entwickelt.<br />
3.5.2 Die Autonomie der Färöer 185<br />
Auf den Färöern liegt die Regierungsgewalt beim<br />
Landsstyre, dem Kabinett, unter Vorsitz des Lagmadur<br />
(Landeshauptmann). In der Regel umfasst die<br />
Inselregierung zwischen 3 und 6 Minister, die aus<br />
den Reihen des Lagtings (Landesparlament) gewählt<br />
werden. Das Kabinett ist <strong>für</strong> die autonome Verwaltung<br />
der inneren Angelegenheiten der Färöer zuständig. Die<br />
dänische Regierung wird auf den Inseln durch einen<br />
Hochkom-missar vertreten.<br />
Die gesetzgebende Macht liegt auf den Färöern<br />
beim Lagting, dem Landtag, der bereits 1852<br />
geschaffen wurde. Seine 32 Mitglieder werden mit<br />
Verhältniswahlrecht in sieben Wahlkreisen <strong>für</strong> 4 Jahre<br />
direkt gewählt. Fünf dieser Sitze werden nach einem<br />
185 Vgl. International Committee of Lawyers for Tibet, Forms of<br />
Autonomy, New York 1999, S. 128-131