06.11.2013 Aufrufe

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

Politik, Justiz und in den Medien eine untergeordnete<br />

Rolle. Korsisch-Kenntnisse bilden keine Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> den Zugang zum öffentlichen Dienst auf Korsika,<br />

Von der UNESCO wird Korsisch als eine vom Aussterben<br />

<strong>bedrohte</strong> Sprache eingestuft.<br />

266<br />

In der jüngeren Geschichte haben sich korsische<br />

Nationalisten immer wieder <strong>für</strong> eine Autonomie<br />

oder gar Unabhängigkeit der Insel von Frankreich<br />

eingesetzt. In den 1970er und 1980er Jahren kam<br />

es häufig zu Gewaltakten militanter Gruppen gegen<br />

Einrichtungen und Vertreter des französischen Staats.<br />

Nachdem Korsika bereits 1982 einige zusätzliche<br />

Rechte zugestanden worden waren, stellte die<br />

Regierung Jospin eine weiter reichende Autonomie<br />

in Aussicht, wenn auf Gewalt verzichtet würde. Diese<br />

Vorschläge wurden von der Rechtsopposition im<br />

Pariser Parlament mit der Begründung bekämpft, dass<br />

dann auch Elsässer, Bretonen und Basken Autonomie<br />

fordern würden.<br />

Bei einer Volksabstimmung am 6. Juni 2003 lehnten<br />

eine knappe Mehrheit der Bevölkerung Korsikas den<br />

Autonomieplan von Jospin ab.<br />

Die Bretagne, in der Geschichte eines der letzten<br />

keltischen Königreiche, die von Paris unterworfen<br />

wurde, umfasst in kulturellem Sinne die gesamte<br />

Halbinsel, obwohl einige Gebiete der historischen<br />

Bretagne anderen französischen Départements<br />

zugeschlagen worden sind. Sie umfasst 34.034 km 2<br />

mit einer Gesamtbevölkerung von 4,2 Millionen. Das<br />

Herzogtum Bretagne hatte z.B. im Steuerwesen und<br />

Zivilrecht bis 1790 einige Vorrechte genossen, bis<br />

das revolutionäre Frankreich mit allen derartigen<br />

„Privilegien“ Schluss machte. Regionalistische Parteien<br />

fordern heute eine Territorialautonomie, sind aber von<br />

der Mehrheitsfähigkeit weit entfernt.<br />

Französisch ist in der Bretagne die einzige offizielle<br />

Sprache, während die beiden traditionellen Sprachen<br />

Gallo und Bretonisch offiziell nicht anerkannt sind,<br />

sondern nur als sog. Regionalsprache eine gewisse<br />

öffentliche Förderung erfahren. Bis in die 1960er Jahre<br />

war Bretonisch von der Mehrheit der Bevölkerung<br />

der Bretagne verstanden worden. In jüngster Zeit<br />

erlebte diese Sprache einen neuen Aufschwung dank<br />

eines privaten Schulnetzwerks DIWAN. Unter dem<br />

Eindruck des drohenden Aussterbens der Sprache hat<br />

der bretonische Regionalrat Ende 2004 beschlossen,<br />

das Bretonische zu fördern, soweit es mit seinen sehr<br />

begrenzten finanziellen und politischen Möglichkeiten<br />

machbar ist. Gesprochen wird Bretonisch nur noch<br />

von maximal 250.000 der 2,3 Mio. Bretonen, und noch<br />

einmal so viele verstehen es. Im täglichen Gebrauch<br />

wird die Sprache von weitaus weniger Personen<br />

regelmäßig verwendet. Die Mehrzahl der Sprecher<br />

sind Muttersprachler, allerdings verschiebt sich das<br />

Gewicht immer mehr in Richtung der vielleicht 30.000<br />

Sprachaktivisten, die das Bretonische erst in der<br />

Schule oder später erlernt haben.<br />

11. Caracoles de Chiapas (Mexiko)<br />

Am 1. Jänner 1994 besetzte die Zapatistische<br />

Befreiungsfront (Ejercito Zapatista de Liberación<br />

Nacional) einen kleinen Teil des mexikanischen<br />

Bundesstaats Chiapas, der vorwiegend von<br />

indigenen <strong>Völker</strong>n bewohnt wird. Diese <strong>Völker</strong><br />

fordern Kulturautonomie. Landrechte, demokratische<br />

Beteiligung und leisteten Widerstand gegen<br />

die neoliberalen Strategien der mexikanischen<br />

Regierung. Am selben Tag trat nämlich Mexiko der<br />

nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA bei.<br />

Die Bewegung der Zapatisten war ein leuchtendes<br />

Beispiel <strong>für</strong> viele andere Organisationen und militante<br />

Bewegungen <strong>für</strong> die Rechte indigener <strong>Völker</strong> und<br />

diskriminierter sozialer Gruppen nicht nur in Mexiko,<br />

sondern auch im restlichen Lateinamerika. Die<br />

mexikanische Regierung antwortete mit Repression<br />

einschließlich der militärischen Besetzung der<br />

Region.<br />

Am 9. August 2003 schlossen sich fünf von Zapatisten<br />

kontrollierte Gebiete und Hunderte von Gemeinden mit<br />

rund 300.000 Einwohnern zu einer selbst deklarierten<br />

„Autonomen Zapatistischen Region“ zusammen, die<br />

auch „caracoles“ (Muscheln) genannt werden. Diese<br />

„Juntas der Guten Regierung“ verstehen sich als<br />

rotierende, basisdemokratische Regierung, die <strong>für</strong> alle<br />

Belange der jeweiligen Region zuständig ist und auch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!