Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
3 Territorialautonomie am Werk<br />
3.2.1 Das Baskenland<br />
Bevölkerung (2005) 2.124.846<br />
Fläche 7.234 km 2<br />
Hauptstadt<br />
Vitoria-Gasteiz<br />
Offizielle Sprachen Baskisch, Spanisch<br />
Autonomie seit 1979<br />
http://en.wikipedia.org/<br />
Das Baskenland liegt im Nordosten der iberischen<br />
Halbinsel an den westlichen Ausläufern der Pyrenäen. 139<br />
Die Grenzen des Baskenlandes sind umstritten. Traditionell<br />
bezog sich der Ausdruck Baskenland auf alle von Basken<br />
besiedelten Gebiete. Doch in den vergangenen 10<br />
Jahrhunderten haben die neolateinischen Sprachgebiete<br />
das Gebiet, in dem vorwiegend Baskisch gesprochen<br />
wird, immer mehr zurückgedrängt. Heute werden<br />
unter Baskenland all jene politischen und historischen<br />
Gemeinschaften verstanden, in denen die baskische<br />
Sprache (Euskera) und Kultur in irgendeiner Form noch<br />
lebendig sind:<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
die Provinzen Bizkaia, Gipuzkoa und Alava,<br />
die zusammen die Baskische Autonome<br />
Gemeinschaft in Spanien bilden;<br />
ein Teil Obernavarras, der Teil der Autonomen<br />
Gemeinschaft von Navarra in Spanien ist;<br />
das nördliche Baskenland, das Teil des<br />
französischen Départements „Atlantische<br />
Pyrenäen“ (Region Aquitaine) ist.<br />
Die Gesamtbevölkerung dieser drei Teile des historischen<br />
Baskenlandes beträgt 2,8 Millionen, doch nur 2,1<br />
Millionen leben in der Autonomen Gemeinschaft des<br />
Baskenlandes. In diesem geschichtlich-kulturellen Sinne<br />
umfasst das Baskenland rund 20.000 km 2 , doch die<br />
Autonome Gemeinschaft (Euzkadi) stellt nur ein Drittel<br />
davon. Es gibt wachsende Bestrebungen, auch im<br />
Nordbaskenland ein eigenes baskisches Département<br />
zu gründen. In diesem Kapitel wird jedoch nur auf die<br />
Autonome Gemeinschaft in Spanien eingegangen.<br />
Rund ein Drittel der heutigen Bevölkerung dieser Region<br />
von etwa 2,1 Millionen ist aus verschiedenen anderen<br />
Regionen Spaniens zugewandert, insbesondere während<br />
der 60er und 70er Jahre. Nur ein Drittel der baskischen<br />
Bevölkerung hat baskische Großeltern und spricht<br />
139 Eduardo Ruiz/Markko Kallonen, Territorial autonomy and<br />
European national minorities: South Tyrol, the Basque Country<br />
and the Åland Islands, EURAC working papers, Bozen 2004; und<br />
Daniele Conversi, The Basques, the Catalans and Spain, Alternative<br />
Routes to Nationalist Mobilisation, University of Nevada Press,<br />
Reno 2000<br />
Baskisch auch im Alltagsleben. Größere Gemeinschaften<br />
von Basken gibt es auch in Nord- und Südamerika.<br />
3.2.2 Die Entstehung der baskischen<br />
Autonomie<br />
Die Basken sind ein ganz eigenständiges Volk, dessen<br />
Wurzeln in vorrömische Zeiten zurückreichen. Die<br />
Basken sprechen eine Sprache, die mit keiner anderen<br />
europäischen Sprache verwandt ist. Von 1200 bis<br />
1800 befand sich jede der baskischen Provinzen in<br />
einer besonderen Beziehung mit dem Königreich<br />
Kastilien und verfügte über eigene Rechtsdokumente<br />
oder Chartas (die sog. fueros ), die Autonomie sowie<br />
eigene Finanz-, Justiz- und Verwaltungsstrukturen<br />
garantierten. Zudem war keine dieser Provinzen<br />
verpflichtet, der königlichen Armee Truppen zu<br />
stellen, durften aber bei Bedarf selbst diplomatische<br />
Beziehungen mit auswärtigen Mächten aufnehmen.<br />
Als der spanische Nationalismus während des 19.<br />
Jahrhunderts erstarkte, kam auch die Jahrhunderte<br />
alte, in den fueros verbriefte baskische Autonomie<br />
unter Druck. 1839 und 1876 in Kraft gesetzte Gesetze<br />
schafften die wichtigsten Befugnisse dieser politischen<br />
Systeme mit Quasi-Unabhängigkeit ab. In der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts fasste in Reaktion darauf<br />
auch in der baskischen Bevölkerung eine nationalistische<br />
Bewegung Fuß, die zur Gründung der Partei<br />
Eusko Alderdi Jeltzala (EAJ/PNV) 140 , führte. Diese Kraft<br />
gewann schnell großen Zulauf und ist bis heute die<br />
bestimmende politische Partei des Baskenlandes<br />
geblieben.<br />
140 Partido Nacionalista Vasco: der Name unterscheidet sich in<br />
der baskischen und spanischen Version: der baskische Name bedeutet<br />
“Baskische Partei Gottes und des alten Gesetzes” und auf spanisch<br />
heißt die Partei “Baskische Nationalistische Partei”.<br />
83