Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
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da die ARMM nicht alle vorgesehenen Kompetenzen<br />
und entsprechenden Finanzen erhielt. So macht die<br />
ARMM 16 Jahre nach ihrer Gründung immer noch den<br />
Eindruck einer Baustelle. Die Ursachen des bisher<br />
geringen Erfolgs dieser autonomen Region liegen in<br />
folgenden Faktoren begründet: 246<br />
- die Schwäche des Regionalparlaments<br />
- die fehlende Steuerhoheit und Finanzierung<br />
- Mangel an Kompetenzen und Mitteln der SPCPD<br />
- eine unverantwortliche Führung infolge von<br />
Vetternwirtschaft und Klientelismus innerhalb der<br />
Moros<br />
- verbreitete Korruption<br />
- das Fehlen von sozialen und wirtschaftlichen<br />
Entwicklungsbemühungen<br />
- das Fehlen eines unabhängigen Mediensystems<br />
Schließlich gibt es in der ARMM wie in den gesamten<br />
Philippinen noch eine erheblichen Aufholbedarf<br />
im demokratischen System selbst. Neue soziale<br />
Organisationen und Bewegungen bemühen sich<br />
auf der Ebene der Zivilgesellschaft Mindanaos<br />
um eine vielversprechende Arbeit <strong>für</strong> Frieden und<br />
Konfliktprävention.<br />
3.16.3 Geburtswehen einer Autonomie<br />
Heute, 16 Jahre nach ihrer Gründung scheint die<br />
Autonomie der Muslime Mindanaos immer noch<br />
in Geburtswehen begriffen zu sein. Das Verhältnis<br />
zwischen der ARMM und der Zentralregierung<br />
in Manila muss noch geklärt und die jeweiligen<br />
Verantwortungsbereiche besser abgegrenzt werden.<br />
Der gewaltsame Konflikt um mehr Selbstbestimmung<br />
der Muslime Mindanaos ist noch nicht ausgestanden.<br />
Trotz einer funktionierenden Autonomie in Form<br />
der ARMM stehen die Muslime insgesamt sowohl<br />
wirtschaftlich wie kulturell unter Druck. Teile der<br />
neuen Moro-Elite, die immer nicht von qualifizierten<br />
Stellen und politischer Beteiligung weitgehend<br />
ausgeschlossen geblieben sind, sind immer noch ein<br />
Rekrutierungsfeld <strong>für</strong> den gewaltsamen Kampf. Seit<br />
1990 hat die MILF diese Rolle mit geschätzten 6000<br />
Kämpfern von der MNLF übernommen und erfährt<br />
dabei inländische und ausländische Unterstützung.<br />
Die MILF hatte sich 1977 von der MNLF abgespalten<br />
und setzte den Guerillakrieg auch nach dem Friedensabkommen<br />
von 1996 zwischen Manila und der MNLF<br />
fort. Tausende von früheren MNLF-Aktivisten waren<br />
mit den Ergebnissen der ARMM unzufrieden und<br />
entschieden sich <strong>für</strong> die Fortsetzung des Kampfs in<br />
246 Vgl. Centre for Autonomy and Governance, ARMM Roundtable<br />
series, no.2, Manila 29-10-2003<br />
den Reihen der MILF.<br />
3 Territorialautonomie am Werk<br />
Nun liegen verschiedene Optionen auf dem Tisch,<br />
die von einer verbesserten Autonomie bis zur<br />
föderalen Umgestaltung des gesamten Staats<br />
reichen. 2001 begann die neue Präsidentin Gloria<br />
Arroyo neue Friedens-gespräche mit der MILF, mit<br />
der ein Waffenstillstand vereinbart wurde. Nach den<br />
Anschlägen vom 11.9.2001 in den USA erlaubten die<br />
Philippinen den USA, auf Basilan (Sulu-Archipel) gegen<br />
die Guerrilla-Kämpfer der Abu Sayyaf, der kleinsten<br />
und radikalsten islamischen Separatisten-formation,<br />
zu intervenieren, doch bisher ohne Erfolg. Seit 2005<br />
versucht Malaysia eine neue Friedenslösung zwischen<br />
Manila und der MILF zu vermitteln, die sich von Abu<br />
Sayyaf distanziert hat.<br />
Auf der anderen Seite liegen im nationalen Parlament<br />
in Manila Vorschläge zur Umgestaltung der Philippinen<br />
in einen föderalen Staat vor. Eine solche Reform<br />
könnte allerdings nur von einer verfassung-gebenden<br />
Versammlung verabschiedet werden. Der bestehende<br />
Einheitsstaat würde dabei nach geographischen<br />
und sprachlich-ethnischen Kriterien aufgeteilt. Auf<br />
Mindanao könnten drei Gliedstaaten entstehen, wobei<br />
einer, Bangsa Moro, der islamischen Bevölkerung<br />
vorbehalten bliebe. Einer der Hauptanlässe <strong>für</strong><br />
diese Reformbemühungen ist der ungebrochene<br />
Konflikt auf Mindanao und die Notwendigkeit einer<br />
dauerhaften, stabilen Lösung. Die beiden größten<br />
Moro-Organisationen Mindanaos haben den Vorschlag<br />
begrüßt.<br />
Quellen<br />
Syed Serajul Islam, Ethno-communal Conflict in<br />
the Philippines: The Case of Mindanao-Sulu Region,<br />
in: Rajat Ganguly/Ian Macduff, Ethnic Conflict and<br />
Secessionism in South and Southeast Asia, London<br />
Sage Publications, 2003, S.195-224<br />
Carmen A. Abubakar, The Muslim Guerrilla on the<br />
Philippines, Le Monde Diplomatique, 12.9.2003, auf:<br />
http://monde-diplomatique.de/pm/2003/09/12.<br />
mondeText.artikel,a0081.idx,23<br />
Thomas MacKenna, “Muslim separatism in the<br />
Philippines: meaningful autonomy or endless war?”, in<br />
ASIA Source, 30.5.2006; sowie derselbe, Muslim Rulers<br />
and Rebels. Everyday politics and armed separatism<br />
in the Southern Philippines, Berkeley 1998<br />
Rosalita Tolibas-Nunez, Roots of conflict. Muslims,<br />
Christians and the Mindanao Struggle, Asian Institute<br />
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