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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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90<br />

<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />

20 % unentschieden. Tendenziell zeigt sich eine<br />

signifikant erhöhte Zustimmung zur Unabhängigkeit<br />

bei Bürgern, auf die eine oder mehrere der folgenden<br />

Eigenschaften zutrifft: hoher Grad an Kenntnissen bzw.<br />

Gebrauch des Katalanischen, höherer Bildungsgrad,<br />

Geburt in Katalonien, hoher Nutzungsgrad bei<br />

Informationsmedien und Wohnsitz außerhalb der<br />

Ballungsräume. 154<br />

n einer Studie des staatlichen katalanischen<br />

Meinungsforschungsinstituts Centre d’Estudis<br />

d’Opinió (CEO) vom Februar 2009 sprachen sich<br />

auf die Frage nach dem gewünschten Verhältnis<br />

zwischen Katalonien und Spanien nur 16,1% <strong>für</strong> eine<br />

vollständige Unabhängigkeit aus, während 35,2%<br />

einen Bundesstaat innerhalb eines föderalen Spaniens<br />

und 38,6 % das derzeitige Modell als Autonome<br />

Gemeinschaft be<strong>für</strong>worteten. 63,7% wünschen sich<br />

nach dieser Studie grundsätzlich mehr Autonomie<br />

<strong>für</strong> Katalonien. Die Umfragen sind nur bedingt<br />

vergleichbar, da eine weitere Option eingeführt wurde<br />

(Bundesstaat). 155<br />

3.2.6 Kataloniens neues Autonomiestatut<br />

Die wichtigsten Neuerungen des 223 Artikel<br />

umfassenden neuen Statuts betreffen die Einführung<br />

neuer Rechte und Pflichten <strong>für</strong> die Bürger Kataloniens,<br />

sowie neuer Prinzipien <strong>für</strong> die Politik der katalanischen<br />

Institutionen. Die Autonome Gemeinschaft erhielt<br />

neue Zuständigkeiten, wobei insgesamt die Befugnis<br />

genauestens definiert wurden, um Kataloniens<br />

Autonomie vor schleichender Erosion durch<br />

Bestimmungen der staatlichen Legislative und<br />

Exekutive zu schützen. Das Finanzierungssystem,<br />

die Zusammenarbeit mit dem Zentralstaat wurden<br />

neu geregelt. Die Beteiligung katalanischer Organe<br />

an gesamtstaatlichen Entscheidungsverfahren<br />

wurden festgeschrieben, insbesondere hinsichtlich<br />

europarechtlicher Fragen, die katalanische Interessen<br />

berühren. Der Status der katalanischen Sprache, die<br />

Sprachenrechte und Pflichten der Bürger Kataloniens<br />

und einige symbolische Aspekte sin dim neuen Statut<br />

neu gefasst worden. 156 Das Autonomiestatut von 2006<br />

erweitert die autonomen Kompetenzen Kataloniens in<br />

folgenden Bereichen:<br />

154 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Katalonien<br />

155 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Katalonien<br />

156 Xabier Arzoz (2009), The Autonomy of Catalonia, in: Thomas<br />

Benedikter (ed.), 2009, Solving Ethnic Conflict through Self-<br />

Government, EURAC, Bozen, 24-28<br />

− Institutionen<br />

− Raumordnung<br />

− Öffentliche Infrastrukturen<br />

− Verkehrspolitik und öffentliche Mobilität<br />

− Landwirtschaft und Fischerei<br />

− Handwerk<br />

− Umweltschutz<br />

− Regionale Wirtschaftsförderung<br />

− Tourismus, Sport und Freizeit<br />

− Gesundheitswesen<br />

− Bildungswesen<br />

− Kultur- und Sprachenpolitik<br />

Die spanische Verfassung gibt kein unmissverständliche<br />

Grundschema <strong>für</strong> die Aufteilung der Kompetenzen<br />

zwischen Staat und Autonomer Gemeinschaft<br />

vor, sodass es in Vergangenheit häufig zu<br />

Kompetenzüberschneidungen und Rechtskonflikten<br />

gekommen ist. Gemäß Art. 149 (3) fallen alle nicht<br />

ausdrücklich dem Zentralstaat zugewiesenen<br />

Kompetenzen den Autonomen Gemeinschaften zu.<br />

Doch kann die Regelungskompetenz der Autonomen<br />

Gemeinschaften von staatlichen Rahmengesetzen<br />

beschränkt werden. In solche Kompetenzkonflikte<br />

hatte das Verfassungsgericht oft zuungunsten<br />

der Autonomen Gemeinschaften eingegriffen.<br />

Eine detaillierte Analyse der Rechtssprechung des<br />

Verfassungsgerichts zeigt auf, dass in den ersten 25<br />

Jahren der katalanischen Autonomie oft willkürlich<br />

autonomen Befugnisse beschränkt worden waren.<br />

So legt das neue Autonomiestatut jede einzelne<br />

Zuständigkeit der Autonomen Gemeinschaft bis<br />

ins Detail fest. Diese Methode soll nicht nur neuen<br />

Rechtskonflikten zwischen Barcelona und Madrid<br />

vorbeugen, und dem katalanischen Gesetzgeber mehr<br />

Rechtssicherheit verschaffen, sondern kann auch als<br />

leuchtendes Beispiel der Kompetenzenabgrenzung bei<br />

anderen Territorialautonomien dienen.<br />

3.2.7 Einige Grundaspekte der Autonomie<br />

Kataloniens<br />

Wie in allen Territorialautonomien Spaniens bildet das<br />

territoriale Element das Grundkonezpt der Autonomie<br />

Kataloniens. Somit gibt es keine offizielle Erfassung<br />

der Bewohner dieser Region aufgrund ethnischer<br />

oder sprachlicher Kriterien, wie es in anderen<br />

Regionalautonomien Europas oder Indiens der Fall ist.<br />

Ebensowenig werden Ressourcen aufgrund ethnischer<br />

Kriterien vergeben. Nach gängiger Auffassung sind<br />

als Katalanen jene zu verstehen, die unabhängig<br />

von Geburtsort oder Abstammung sich mit der<br />

katalanischen nationalen oder kulturellen Gemeinschaft

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