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Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker

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Stabile Demokratie mit möglichst loyaler Partizipation<br />

aller Bevölkerungsgruppen in autonomen Regionen<br />

erfordert einen wohltemperierten Ausgleich<br />

zwischen allgemeinen rechten aller Staatsbürger<br />

und den Schutzrechten von Minderheiten auf ihrem<br />

angestammten Siedlungsgebiet.<br />

Wenn Rechtsnormen autonomer Regionen die<br />

Unterschiedliche Behandlung der Bürger einer Region<br />

in verschiedenen Politikfeldern betonen, können neue<br />

Unzufriedenheit und Ressentiments zwischen den<br />

Gruppen entstehen. Dann wird der vermeintliche<br />

Versuch, Gerechtigkeit zu schaffen, neue Konflikte<br />

auslösen. Wenn zu starkes Gewicht auf die Stärkung<br />

der jeweiligen Gruppeninteressen und zuwenig auf<br />

gemeinsame Werte, Interessen und Anliegen gelegt<br />

wird, kann kaum eine regionale gemeinschaftliche<br />

Solidarität und Unterstützung <strong>für</strong> die Autonomie<br />

entstehen. Es liegt also an der Verantwortung und<br />

am Weitblick der regionalen Eliten, neben dem<br />

Minderheitenschutz und der Stärkung der kulturellen<br />

Identitäten der Gruppen, auch gemeinsame, sozusagen<br />

transversale Werte und Anliegen zu schützen und<br />

jegliche ethnische Diskriminierung zu verhindern.<br />

2 Das Konzept der politischen Autonomie<br />

2.7 Institutionen und<br />

Kompetenzen<br />

2.7.1 Die Institutionen<br />

Der institutionelle Rahmen einer Autonomie geht von<br />

der allgemeinen Verfassungsordnung des betroffenen<br />

Staates aus und teilt die legislativen und exekutiven<br />

Befugnisse zwischen dem Zentralstaat und einer<br />

oder mehrerer territorialer Einheiten anders auf als<br />

im übrigen Staatsgebiet. Der Kompetenzenumfang<br />

einer solchen autonomen Einheit ist flexibel regelbar<br />

und reicht von einem Mindestausmaß bis zu einem<br />

Optimum. 85<br />

Definitionsgemäß hat eine autonome Region über ein<br />

eigenes Regionalparlament oder Regionalversammlung<br />

zu verfügen, das von der gesamten Bevölkerung der<br />

Region in allgemeinen demokratischen Wahlen gewählt<br />

werden muss. 86 Außerdem hat dieselbe Bevölkerung<br />

auch im nationalen Parlament vertreten sein, indem es<br />

mindestens einen Wahlkreis <strong>für</strong> diesen Zweck bildet.<br />

Damit wird die politische Beteiligung der Bevölkerung<br />

der autonomen Region auf beiden politischen Ebenen<br />

gesichert.<br />

Bezüglich der Regierungsgewalt muss eine autonome<br />

Einheit über eine eigene Regierung verfügen, die<br />

von nationalen Institutionen unabhängig sein und<br />

entweder vom Regionalparlament oder von der<br />

Bevölkerung direkt gewählt sein muss. In einer<br />

echten Autonomie darf die Zentralregierung keinen<br />

Einfluss auf die Designierung des Regierungschefs<br />

der autonomen Region haben. Dieser Regierungschef<br />

darf auch nicht gleichzeitig mit Funktionen und<br />

Aufgaben der Zentralregierung beauftragt werden<br />

(Prinzip der Trennung der Verantwortungsbereiche).<br />

Die Zentralregierung kann jedoch die Verwaltung von<br />

zentralen Regierungs-kompetenzen an die regionale<br />

Exekutive bzw. Verwaltung delegieren.<br />

In modernen <strong>Autonomiesysteme</strong>n ist das Wahlrecht<br />

nicht an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten<br />

ethnischen Gruppe geknüpft, sondern gründet<br />

ausschließlich auf der Staatsbürgerschaft und dem<br />

rechtlich registrierten Wohnsitz in der Region. Allerdings<br />

85 Auf den Mindeststandard einer Territorialautonomie wird im<br />

Kapitel 5.2 eingegangen, während die Bestimmungskriterien <strong>für</strong><br />

Autonomie unter 2.10 erläutert werden.<br />

86 Die Empfehlung von Lund, Art. 16, Paragraph 11. Der vollständige<br />

Text im Anhang, Teil 2. Vgl. http://www.osce.org/documents/<br />

hcnm/1999/09/2698_de.pdf<br />

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