Moderne Autonomiesysteme - Gesellschaft für bedrohte Völker
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<strong>Moderne</strong> <strong>Autonomiesysteme</strong><br />
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Hand gab, wurden PKK-Stellungen im Dezember 2007<br />
mehrmals mit Flugzeugen und Kanonen bombardiert.<br />
Dieser Konflikt schadet den Beziehungen zwischen der<br />
Türkei und der Regionalregierung und könnte unter<br />
Umständen eskalieren.<br />
Offene Fragen im Verhältnis zwischen dem irakischen<br />
Staat und der Region Kurdistan sind die Zugehörigkeit<br />
der Städte Kirkuk, Khanaqin, Sinjar und weiterer<br />
Gebiete zwischen der heutigen Autonomen Region<br />
und den angrenzenden irakischen Regionen. Strittig<br />
ist auch die Aufteilung der Einnahmen aus der Öl- und<br />
Gasförderung. Doch hat die kurdische Elite immer wieder<br />
betont, dass diese Konflikte im Rahmen der irakischen<br />
Verfassung zu lösen seien. Insgesamt haben Wähler<br />
und politische Elite der Kurden Iraks beschlossen, ein<br />
Teil des Iraks und seiner Rechtsordnung zu bleiben.<br />
3.11.3 Aufbau der Autonomie<br />
Das Parlament hat mit großer Mehrheit eine<br />
Verfassung der Region, also eine Art Autonomiestatut,<br />
verabschiedet, das in nächster Zukunft der Bevölkerung<br />
zur Volksabstimmung vorgelegt werden soll. Während<br />
der Großteil der Finanzen der Autonomen Region aus<br />
eigenen Einnahmen stammt, erhält die Region auch<br />
Zuweisungen aus Bagdad <strong>für</strong> Infrastrukturprojekte.<br />
Die kurdischen Institutionen - Parlament, Präsident und<br />
Regierung - verfügen demgemäß über breit gefächerte<br />
legislative und exekutive Befugnisse, im Rahmen der<br />
Bundesverfassung des Irak:<br />
• Gesundheitswesen<br />
• Bildung und Berufsbildung<br />
• Polizei und innere Sicherheit<br />
• Umweltschutz und natürliche Ressourcen<br />
• Landwirtschaft<br />
• Wohnbauinstitut- Handel und Industrie<br />
• Sozialhilfe und Sozialpolitik<br />
• Öffentlicher Transport und<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
• Tourismus und Kulturausschuss<br />
• Sport und Freizeit<br />
• Denkmalschutz<br />
Mit dem irakischen Staat teilt sich die Autonome<br />
Region folgende Kompetenzen: Zollwesen,<br />
Produktion und Verteilung von Elektroenergie, interne<br />
Wasserressourcen und allgemeine Wirtschaftsplanung.<br />
Art. 121 der irakischen Verfassung gibt dem<br />
kurdischen Parlament das Recht, die gesamtstaatliche<br />
Gesetzgebung bei konkurrierender Zuständigkeit an<br />
die regionalen Erfordernisse anzupassen.<br />
Die gewählte Regionalregierung setzt die Gesetze<br />
des Parlaments mit Sitz in Erbil um. Die im Juli 2009<br />
gewählte, aus 19 Ministern bestehende Regierung<br />
stützt sich auf eine Koalition der KDP, PUK, KIM<br />
(Kurdistan Islamic Movement), des Rats des Chaldäer-<br />
Assyrisch-Syrischen Rats (Christen), der Turkmenen,<br />
der Kommunisten und Sozialisten. Die Region ist in<br />
die drei Bezirke von Sulaymaniah, Dohuk und Erbil<br />
aufgeteilt.<br />
Der Präsident der Autonomen Region Kurdistan, das<br />
ranghöchste Amt der Region, wird auf 4 Jahre in<br />
allgemeiner und geheimer Wahl gewählt. der derzeitige<br />
Präsident Massud Barzani ist im Juli 2009 mit 70%<br />
der Stimmen gewählt worden. Er repräsentiert die<br />
Bevölkerung der autonomen Region auf nationaler,<br />
internationaler Ebene und auch im nationalen<br />
Sicherheitsrat des Irak.<br />
Das aus 111 Abgeordneten bestehende kurdische<br />
Parlament mit einer einzigen Kammer prüft neue<br />
Gesetzesvorschläge, kontrolliert die Regierung, und<br />
diskutiert die großen politischen Fragen der Region.<br />
Die im Parlament vertretenen Parteien spiegeln auch<br />
die ethnische Vielfalt der Region mit Vertretern der<br />
turkmenischen, chaldäischen, syrischen, assyrischen<br />
und Yezidi-Minderheiten. Einige Parlamentssitze sind<br />
von rechts wegen Minderheiten vorbehalten, wie etwa<br />
den Christen (5 Sitze) und den Turkmenen (5 Sitze).<br />
Die Mindestvertretung der Frauen ist auf 30% der<br />
Abgeordneten festgesetzt worden. Derzeit sind 36<br />
Abgeordnete Frauen. Das kurdische Parlament ist am<br />
19. Mai 1992 nach Jahrzehnten der Diktatur zum ersten<br />
Mal frei gewählt worden, wobei auch internationale<br />
Beobachter feststellten, dass die Wahlen frei und fair<br />
waren.<br />
Quellen<br />
Offizielle Website der kurdischen Regionalregierung:<br />
http://www.krg.org<br />
Die Irakische Verfassung unter: http://www.<br />
washingtonpost.coml<br />
Azad Salih (2005), Freies Kurdistan. Die selbstverwaltete<br />
Region Kurdistans. Hintergründe, Entwicklungen und<br />
Perspektiven, Köster, Berlin<br />
Brendan O‘Leary (Hrsg., 2005): The future of Kurdistan<br />
in Iraq. University of Pennsylvania Press, Philadelphia