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Der Übergang in den Ruhestand - Wege, Einflussfaktoren und

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4. Austrittspfade <strong>Der</strong> <strong>Übergang</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Ruhestand</strong><br />

Als Basis der Fallgeschichten dienen die Transkripte der leitfa<strong>den</strong>gestützten Interviews (vgl.<br />

dazu Abschnitt 2.2.4). Aus Grün<strong>den</strong> der Authentizität wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fallgeschichten e<strong>in</strong>zelne<br />

Textstellen <strong>in</strong> der direkten Rede belassen. Diese Stellen s<strong>in</strong>d durch die entsprechende<br />

Interpunktion gekennzeichnet. Um <strong>den</strong> Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten, wur<strong>den</strong> alle<br />

Angaben, welche Rückschlüsse auf Personen zu lassen, anonymisiert <strong>und</strong> teilweise leicht<br />

verfremdet.<br />

4.6.1 Die freiwillige Frühpensionierung<br />

Herr F. ist 62-jährig <strong>und</strong> liess sich vor zwei Jahren pensionieren. Er lebt alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Mietwohnung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt im Mittelland. Herr F. ist zweimal geschie<strong>den</strong> <strong>und</strong> hat zwei<br />

K<strong>in</strong>der.<br />

Herr F. lernte Konstruktionsschlosser <strong>und</strong> arbeitete zehn Jahre <strong>in</strong> der Metallbranche. 1964<br />

wechselte er zum Sanitätsdienst der Stadt. Daneben versieht er seit 1986 als Angestellter e<strong>in</strong>er<br />

Immobilienfirma <strong>den</strong> Hauswartsposten für drei Miethäuser. Seit ungefähr se<strong>in</strong>em 50.<br />

Lebensjahr befasste er sich ab <strong>und</strong> zu gedanklich mit der Pensionierung. Er wünschte sich,<br />

etwas früher <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Ruhestand</strong> treten zu können. Obwohl er sich bis heute ges<strong>und</strong> fühlt <strong>und</strong><br />

nie krankheitshalber ausfiel, bemerkte er, wie die Arbeit ihn körperlich zunehmend forderte.<br />

Dies konstatierte er <strong>in</strong>sbesondere im Vergleich zu <strong>den</strong> jüngeren Kolleg/<strong>in</strong>nen. Auch <strong>in</strong> der<br />

Gewerkschaft, <strong>in</strong> der sich Herr F. engagierte, war der vorzeitige Altersrücktritt immer wieder<br />

e<strong>in</strong> Thema. Er lebte damals noch mit se<strong>in</strong>er wesentlich jüngeren Frau zusammen. Sie<br />

beschlossen, dass sie <strong>den</strong> beruflichen Wiedere<strong>in</strong>stieg suche, sobald er pensioniert sei. Er<br />

hätte sich dann mehr um <strong>den</strong> Haushalt gekümmert.<br />

Bevor er 60 Jahre alt wurde, schuf die städtische Pensionskasse die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e<br />

Frühpensionierung. In e<strong>in</strong>em Versuch konnten sich die Jahrgänge 1936 bis 1940 mit 60<br />

pensionieren lassen. Die volle Pension wurde garantiert. Zudem wurde bis zum Erreichen<br />

des AHV-Alters e<strong>in</strong> Überbrückungskredit gewährt. Fast alle Betroffenen nutzten diese Gelegenheit,<br />

so auch Herr F. „Es hätte ja se<strong>in</strong> können, dass es schon bald wieder geheissen hätte,<br />

jetzt geht es nicht mehr.“ <strong>Der</strong> Arbeitgeber bot e<strong>in</strong>en zweitägigen Kurs an zum Thema<br />

Pensionierung (teilweise während der Arbeitszeit), <strong>den</strong> Herr F. aber nicht besuchte. Ihm<br />

reichte, was er von <strong>den</strong> Kolleg/<strong>in</strong>nen hörte <strong>und</strong> mit ihnen besprach. Pension, Überbrückungskredit<br />

<strong>und</strong> K<strong>in</strong>derzulagen führen zu e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen von fast 6’000 Franken. Als<br />

Hauswart arbeitet Herr F. noch knapp 20 Stun<strong>den</strong> pro Woche. Er plant, diese Tätigkeit noch<br />

bis zur regulären Pensionierung weiterzuführen, dann wird das jüngste K<strong>in</strong>d 20 <strong>und</strong> sollte<br />

f<strong>in</strong>anziell unabhängig wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Ruhestand</strong> bedeutet für Herr F. „nach h<strong>in</strong>ten lehnen <strong>und</strong> nichts tun“. Manchmal wird er von<br />

se<strong>in</strong>en Freun<strong>den</strong> um se<strong>in</strong>e Frühpensionierung beneidet. Doch Herr F. antwortet dann, dass<br />

er jahrelang samstags, sonntags oder nachts arbeitete, während sich die anderen vergnügten.<br />

Herr F. geniesst die Zeit, die ihm jetzt vermehrt zur freien Verfügung steht. Er engagiert<br />

sich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong>, besucht aber weiterh<strong>in</strong> Anlässe se<strong>in</strong>es ehemaligen Betriebs. Er unternimmt<br />

Ausflüge mit Freun<strong>den</strong> <strong>und</strong> geniesst es zwischendurch auch, alle<strong>in</strong> zu se<strong>in</strong>. Für die<br />

Zukunft wünscht er sich noch möglichst lange e<strong>in</strong>e gute Ges<strong>und</strong>heit. Er ist sich bewusst,<br />

dass er besser auf die Ernährung achten sollte, damit se<strong>in</strong> Wunsch, 100 Jahre alt zu wer<strong>den</strong>,<br />

<strong>in</strong> Erfüllung geht.<br />

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